Runder, fluffiger, komischer!

Vor langer Zeit hatte ich schonmal über die Comic Sans gejammert. Vorgestern hat Spiegel Online heftig nachgelegt. Und es gibt jede Menge hämischer Webseiten. Alle gegen eine kleine unschuldige Schriftart. Recht neutral formuliert es noch das TypoWiki:

Unter Grafikdesignern ist die Comic Sans eher verpönt, da sie besonders von Laien oft übermäßig und in unangemessener Form verwendet wird.

Da möchte man fast Mitleid haben. Seid mutig und nutzt die Comic Sans! Das dachte sich wohl auch das Präsidium der Universität Osnabrück, als es heute eine launige Einladung zum Mitarbeiter-Sommerfest verschickt hat:

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Prima Sache! Ich hab das gleich mal weitergeführt und an der Uni-Webseite ausprobiert:

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Ich finde, so sollten wir’s machen! Wer’s ausprobieren möchte, ohne wie ich im FireBug CSS-Definitionen zu ändern, statt ordentlich zu googlen, kann Comic Sans a Website! verwenden. Großer Spaß.

So wie das hier:

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treeLearning – Plattformen für Baumschulen im Vergleich

Die treedaktische Wende

E-Learning weitet sich aus. War es früher ein Thema, das vor allem in der Hochschullehre und der unternehmensinternen Weiterbildung Wurzeln schlagen konnte, werden mittlerweile mehr und mehr Zweige des Bildungswesen erfasst. Eine von der Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannte Nische hat sich bei den Baumschulen gebildet. Aber die Zeit des Nischendaseins ist vorbei. Fast alle großen Lernplattform-Hersteller haben mittlerweile spezielle Produkte für den Baumschulsektor im Angebot. Wir haben uns die wichtigsten angeschaut und stellen sie kurz vor. Um die Orientierung für den Leser einfacher zu machen, haben wir jede Plattform einem bekannten Vertreter aus der Forstbranche (oder angrenzenden Gebieten) zugeordnet.

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Photo: YariK

Blackforest

Prof. Dr. Brinkmann: Wachsen jederzeit und überall. Die weltmeisten weltprofessionellsten und welterstklassigsten Werkzeuge für Baumschulen.

Blackforest sorgte vor einiger Zeit für großen Wirbel in der treeLearning-Szene, als es WebSeeTree, den vielleicht wichtigsten Konkurrenten im weltweiten Wettbewerb kommerzieller Plattformen übernommen hat. Neben dem Anspruch, immer alles am weltbesten zu können, glänzen die drei Blackforest-Plattformen vor allem mit einem ausgefeilten und lückenlosen Baumüberwachungssystem. Für jeden Baum lassen sich zu jedem Zeitpunkt detaillierte Wachstumsanalysen bis hin zum einzelnen Blatt- oder Nadelabwurf abrufen. Nach Herstellerangaben steigt dadurch die Effizienz der Baumschule. Dadurch sind die nicht pauschal und nicht langfristig vorab kalkulierbaren Kosten für die Plattform mehr als gerechtfertigt. Zumal der Hersteller den jeweiligen Baumbestand und die Bestandsentwicklung wohlwollend in die Kalkulation miteinbezieht. Leider ist es uns nicht gelungen, die genauen Unterschiede zwischen den drei Hauptplattformen des Herstellers ausfindig zu machen. Ein freundlicher Forstmanagementberater von Blackforest wählt aber mit Ihnen gemeinsam gern die für Ihren Betrieb teuerste am besten geeignete Lösung aus.

Trix Silva

Förster Martin Rombach: Made for trees. Die Lösung für Gehölze mit Profil.

Trix Silva von der JND AG versteht sich nicht als bloßes Wachstumsmanagementwerkzeug, sondern als integrierte Wachstumsprozessmanagementsolution. Als wichtigster kommerzieller Anbieter aus deutschen Walden legt der Hersteller besonderen Wert auf die Anbindung an hiesige kommerziell operierende Forstverwaltungen. Trix sieht sich damit in der treeLearning-Oberliga angekommen – was sich aber eventuell als Marketing-Patzer herausstellen könnte. Der bodenständige emsländische Fortwirt jedenfalls assoziiert mit Oberliga sicherlich aktuell nur den schmerzlichen Abstieg des SV Meppen in die neu formierte 5. Liga. Ansonsten zeigte sich Trix Silva als solide Plattform mit vielen aktiv beworbenen Zusatzästen: Advanced Growing Analysis, Advanced Needle Testing, Advanced Syrup Production and Syrup Harvesting Event Management. Letzteres erweitert den traditionellen Geschäftsbereich von Baumschulen, wenn uns auch durchschlagende Erfolge in Deutschland noch nicht bekannt geworden sind.

Wood.IP

Oberforstassessor Baumbart: Der Baum im Mittelpunkt.

Die Open-Roots-Plattform fällt zunächst durch allgegenwärtiges baumiges Grün und dann durch Verwaltungsfunktionen auf, die besonders auf die deutsche Forstwirtschaft zugeschnitten sind. Dem subpolaren Westwindgürtel angepasste vorkonfigurierte Wachstumsperioden, Waldtypen wie »Stadtforst«, »Staatsforst« oder gar »Schmuckreisigkultur« lassen fast alle üblichen Gehölzbestandstypen umgehend in Wood.IP Wurzeln schlagen. Wälder und Bäume bilden die grundlegenden Einheiten für ein allen forstgesetzlichen Erfordernissen genügendes Waldnachwuchsmanagement. Gleichermaßen betonen die Entwickler aber Freiheit und Kommunikation. So bekommt jeder Nutzer den Status »Förster« und darf in jeden Baum sein Herzchen schnitzen oder mit anderen Förstern mittels fröhlicher Jahresring-Raterunden in Kontakt treten. Selbst Bäume zu pflanzen, ist allerdings den »Oberförstern« oder »Waldmeistern« vorbehalten. Hier zeigen sich die humorvollen Seiten des Systems: Die höchsten Rechtestufen heißen »Waldelfe« und »Ent«. Da darf der Baumschulchef sich auch mal wie Baumbart fühlen.

TreeLIAS

Johann Conrad Schlaun: Dem Baum zu Nutze, dem Förster zur Ehr‘.

Treelias glänzt vor allem durch umfangreiche Försterfunktionen. Wälder bis hin zum letzten Zweiglein auszugestalten und gut ausgebaute gerade Wege für die Besucher zu schaffen, ist Hauptstärke des Systems, das obendrein noch eine breite Palette an Trimm-Dich-Stationen für den eigenen Wald anbietet. In unseren Tests erwiesen sich die Bauwerkzeuge mitunter als etwas sperrig, so dass viele Stamm-, Ast-, Rinden- und Blattbausteine umständlich zusammengefügt werden mussten, damit ein Baum entsteht. Die treeLIAS-Macher bieten im Gegenzug eine OpenForestersLodge-Unterstützung: Mit dieser bei Forstwirten beliebten Business-Suite lassen sich ganze Wälder offline entwerfen und importieren. Und damit nicht jeder Wald von Grund auf neu gestaltet werden muss und dabei statische Überlegungen zu kurz kommen, setzt Treelias voll auf STORM-Resistenz. Als erste Open-Roots-Plattform hat es die harten STORM2004-Anforderungen gemeistert und kann dem Förster damit dauerhaft aufgeräumtes Gehölz garantieren. treeLIAS versteht sich trotz einiger Funktionsüberschneidungen gut mit Wood.IP. Im Gegensatz zu letzterem ist es aber bereits weltweit etabliert, kann also auch gut mit Tropenholzbeständen umgehen.

Troodle

Dr. Oetker’s Götterspeise Waldmeister-Geschmack: Jeder Baum ist anders. Jeder Baumschullehrer sowieso.

Waldpädagogische Prinzipien schreibt sich das im deutschen Sprachraum etwas putzig daherlautende Troodle ganz groß auf die Fahnen. Es gilt, den jungen Bäumen individuelle Wachstumswege zu eröffnen und Förster wie Besucher daran teilhaben zu lassen. Insbesondere die junge Generation von Baumschullehrern möchte holzkonstruktive Prozesse zur freien Entfaltung kommen lassen und wenig durch äußere Vorgaben wie Jahreszeiten oder Wetter einschränken. Um diese auszuschließen, bedarf es einer Menge Gerüste, Planen und Rinnen. Troodle bietet von allem viel, weit über die Grundausstattung hinaus erweiterbar mit einer schier unüberschaubaren Vielfalt an PfropfIns. In unseres Tests fand sich für jedes Feature der anderen Plattformen ein Troodle-PfropfIn, das mehr oder weniger das gleiche leisten wollte. Für den Jungförster bleibt die Frage, ob alle Pfropfe anwachsen und ob die eigene Disziplin ausreicht, gerade Gewächse heranzuzüchten. Für den Individualisten allerdings, der tief in das Wachstumsprozessmanagement einzutauchen bereit und in der Lage ist, bietet Troodle viel. Stellt sich nur die Frage, ob das eigene Verständnis nicht ausgereicht hätte, selbstgeschnitzte Gerüste aufzustellen.

Fazit

An mangelnden technischen Angeboten kann es nicht liegen, wenn Ihr nächster Weihnachtsbaum ohne treelearning-gestützte Bildungsprozesse durchlaufen zu haben in Ihrem Wohnzimmer herumschlufft. Alle Plattformen bieten moderne und baumgerechte Wachstumsmanagementfunktionen, die je nach Baumschulkontext mehr oder weniger sinnvoll eingesetzt werden können. Achten Sie bei der Wahl Ihrer Baumschule auf sinnvolles eWachstum und weisen Sie den Skeptiker ruhig auf Open-Roots-Lösungen hin: Der treeLearning-Einstieg muss nicht teuer sein. Zu wenig treeLearning vergibt Ihnen und Ihren Bäumen Chancen zur Teilhabe an weltweiten Prozessen, Zeremonien und Bewegungen. Zu viel lässt ihren Weihnachtsbaum am Fernseher kleben wie eine Efeu-Ranke an Backsteinwänden.

Augen auf beim Baumkauf!

Nur echte Kerle machen echte Podcasts

Wie von Tim Schmidt schon zusammengefasst, gab’s gestern bei der meines Erachtens übrigens sehr gelungenen Podcast-University-Tagung Diskussionen um die korrekte Verwendung des Begriffs »Podcast«. Darf man eine schnöde Vorlesungsaufzeichnung, die per RSS-Feed abonniert werden kann, überhaupt Podcast nennen?

Die Zielrichtung der vor allem von Ralph Müller vorgetragenen Kritik war klar: Spannend und interessant werde das Medium für’s E-Learning erst, wenn Inhalte an die Hör- und Sehgewohnten der Podcast-Konsumenten angepasst werden. Also: Kürzere Episoden, jedenfalls kürzer als 90 Minuten. Weniger bleierner Ernst, mehr Beiläufigkeit. Vielleicht auch Geräusche, O-Töne, Jingles, Wiedererkennungswert. All das bieten mitgeschnittene Vorlesungen nur im Ausnahmefall, weil sie eben für das Publikum vor Ort gedacht und gemacht wurden und nur als Abfallprodukt zu Podcasts mutiert sind. Wer nun den Eindruck vermittele: »Du, E-Learning-interessierter aber aufwandsminimierender Dozent, du hast alles getan, was in Sachen Podcast getan werden kann, wenn du einfach ein Tonband mitlaufen lässt.« – der vergebe Chancen für interessante neue Lehr- und Lernformen.

So gewendet lässt sich das Argument kaum von der Hand weisen und das aufgeregte Flattern um echte Podcasts und langweilige Sachen, die im widernatürlich angeeigneten Podcast-Gewand daherkommen, verliert seine Spannung. Aber doch ein Wort zum Thema Deutungshohheit. Das Phänomen, sei es nun die Frage nach »echten Bloggern« oder »echten Podcastern« ist ja keineswegs neu.

Bei Wikis ist die Diskussion schon ausgestanden. Ursprünglich kamen die nämlich mit eigener Ideologie daher: Völlig offene Umgebung, jeder darf alles, freie Information, freie Meinungsäußerung. Heute kräht kein Hahn mehr, wenn Wiki-Software z.B. für klassische CMS-Projekte eingesetzt wird, hinter Passwortbarrieren oder in einer Lernplattform versteckt ist. Oder das Geschrei im Usenet, als dank AOL & Co. plötzlich ganz normale Menschen mitreden durften, die sich nicht an die Nettiquette hielten und den Hacker-Jargon-Geheimcode nicht kannten. Oder als Inline-Skates zum Massenartikel wurden und es plötzlich Inline-Skater gab, die die Szene-Codes weder kannten noch wichtig fanden. Meinetwegen auch die 89er-Bürgerrechtsbewegung in der DDR, von deren Idealen und Forderungen beim Übergang zur Massenbewegung nur Teile adoptiert wurden.

Adoptieren ist das Stichwort: Neue Entwicklungen, insbesondere neue Web-Technologien, werden oft zunächst von »early adaptors« in Form einer Subkultur entwickelt, gehegt und gepflegt. Das Gefühl anders zu sein und sich abzugrenzen gehört wesentlich dazu. Wenn die Masse hinterherkommt, bleibt das Gefühl auf der Strecke und der »early adaptor« fühlt sich verraten.

Letztendlich, um verkürzt mit Wittgenstein zu sprechen, ist die Bedeutung eines Wortes sein Gebrauch. Wer also wissen will, was das Wort Podcast bedeutet, schaue sich an, wie das Wort Podcast gebraucht wird. Das wandelt sich naturgemäß, weil der liebe Podcast-Gott eben nicht nur wenige Auserwählte an der großen Ideenschau hat teilnehmen lassen. Und bevor wir à la »Apfel-Sellerie-Salat nach Art des Waldorf-Salates« bei »Multimedia-Inhalten mit podcast-artigem Verbreitungsmechanismus« landen, ist es mir lieber, die echten, ursprünglichen Podcasts irgendwann mit einem neuen Begriff zu belegen und wie bei den Wikis den Begriff »Podcast« für den – zugegeben kleinen – gemeinsamen technischen Nenner zu verwenden.