Joachim Plener von der Charité-Universitätsmedizin Berlin berichtet über Podcasts im Hörssal. Die Charité in Berlin ist über weit auseinanderliegende Campi in der Stadt verteilt, das Studium hat einen hohen Anteil an Vorlesungen und allgemein hat die Lehre in der Medizin gegenüber Klinik und Forschung einen vergleichsweise geringen Stellenwert. All diese Voraussetzungen haben den Entschluss gefördert, Vorlesungsinhalte verstärkt digitalisiert zur Verfügung zu stellen.
Die Charité setzt auf kommerzielle Tools wie Blackboard und Confluence und leistet sich nur eine sehr kleine E-Learning-Einrichtung. Daraus folgt: Dozenten sollen die Rolle des Produzenten weitgehend selbst übernehmen. Nicht die Hörsäle werden technisch ausgestattet, sondern drei eine mobile Aufnahmestationen werden durch die Gegend getragen. Auf den Laptops läuft Powerpoint mit Camtasia, Mikrofone werden mitgeliefert, Videoaufzeichnungen sind nicht vorgesehen. Eine komplette Aufnahmestation kostet ca. 1700€.
Ergebnis des Produktionsprozesses ist eine von Camtasia produzierte Flash-Anwendung, die Inhaltsverzeichnis über die einzelnen Episoden und Download-Möglichkeiten z.B. für den iPod bietet. Technisch funktioniert das gut, die Akzeptanz ist erfreulich und einzelne Klinken nutzen die Angebote schon sehr weitgehend.
In der Praxis seien aber ein paar Probleme offensichtlich geworden:
- 90-Minuten-Episoden sind zu lang. Die Aufmerksamkeitsspanne am Rechner oder iPod ist typischerweise kürzer.
- Zwischenfragen sind schwierig zu verstehen, müssen wiederholt werden, was den üblichen Fluss der Vorlesung stört.
- Die meisten Dozenten wollen die Aufzeichnungen nicht veröffentlichen. Copyright-, Patientenrecht- und Datenschutz-spielen dabei eine große Rolle.
Die Erfahrungen haben dazu geführt, dass podcastgerechtere Formate erprobt und angeboten werden. Besonders erfolgversprechend seien folgende Eigenschaften:
- Länge 20 bis maximal 40 Minuten
- Thematische Fokussierung (Microlearning), dadurch leichter wiederverwendbar
- Kein reines Audio, sondern auch Folien.
- Radioähnliche Formen – direkte Ansprache, eingestreute Interviews etc
Gutes Beispiel sei dafür: Die Vorlesungen von Prof. Dr. Achim Schneider. In Zukunft sollen eine Mediendatenbank und ein PodcastPortal das Angebot der Charité abrunden.
In der Diskussion wird die Frage aufgeworfen, ob man auf Videoaufzeichnung tatsächlich verzichten kann. Alles, was nicht auf dem Rechner passiert (Tafel, Experimente) kann nicht erfasst werden. Sind Tablet-PCs eventuell eine Alternative? Joachim Plener führt aus, dass in solchen Fällen ein aufwendigerer Nachbereitungsprozess (z.B. Einfügen von parallel gefilmten Videos) nötig, aber auch möglich ist.
In den Vorlesungen von Herrn Schneider hätten sich verändert: Er setzt die Kenntnis der kleinen Episoden voraus und kann seine Veranstaltungen anders fokussieren.