Der Second-Life-Hype geht unvermindert weiter. Heute meldet sich mal wieder heise online mit einem Beitrag über die schöne neue Wirtschaftswelt:
Denn die virtuelle Währung der Scheinwelt lässt sich ganz real in harte Dollars tauschen. Damit sind schon ein paar Leute offenbar sehr, sehr reich geworden. Second Life wiederholt die Heilsversprechen der New Economy und hat auch die für einen richtigen Hype notwendige Börse.
Als EBay vor einigen Wochen den Handel mit virtuellen Spielgegenständen verboten hat, wurde Second Life explizit ausgenommen, weil fraglich sei, ob es sich dabei überhaupt um ein Spiel handele.
Spätestens an dieser Stelle beschleicht mich ein etwas mulmiges Gefühl. Als ich vor ca. eineinhalb Jahren ein paar Stunden in Second Life reingeschnuppert habe, fand ich es ganz nett und konnte mir durchaus vorstellen, dass daraus etwas wird. Aber die Frage, ob überhaupt und wenn ja, was für ein Spiel das denn sei, hat sich mir auch schon damals gestellt.
In unserer Studierenden-Umfrage zu Computerspielen, deren Ergebnisse wir in der zweiten Ausgabe der learnmedia@uos zusammengestellt haben, haben wir gefragt, was Spieler denn glauben, beim Computerspielen zu lernen. Hier die aus der Freitextantwort zusammengefassten Ergebnisse (Gesamtbeteiligung: 289 Studierende der Uni Osnabrück):
Was hast du beim Computerspielen gelernt?
Bei fast allen Befragten wurde die Wahrnehmung deutlich, dass Computerspiele und das »echte Leben« zwei ganz verschiedene Paar Schuhe seien. Bei der Frage nach echtem Lernen mussten sich die meisten dann auch arg strecken, um Sinnvolles zu konstruieren. Interessant allein der häufig genannte Punkt «strategisches Denken/Handeln», mit dem angedeutet wird, dass in virtuellen Kriegen, Raubzügen und Familiengründungsversuchen vielleicht im First Life Nutzbares trainiert wird.
Aber in der Second-Life-Diskussion schwingen ganz andere Element mit. Das ist kein Spiel, das ist Ernst. Da geht es nicht mehr darum, unterhalten zu werden oder in einer Spielwelt Ansehen und Aufmerksamkeit zu gewinnen. Sondern gleichsam umgekehrt werden »Tugenden« des nichtvirtuellen Daseins in eine virtuelle Welt gespiegelt, die dann wiederum Gewinne für das Real Life abwirft.
Und hier sitzt das Mulmen. Diese Verschränkung virtueller und nichtvirtueller Welt kenne ich als Vision aus zahllosen, mitunter recht alten Science-Fiction-Geschichten – die sicherlich auch als Folie für den derzeitigen Hype dienen. Aber ist das eine schöne Vision? Ich jedenfalls spiele lieber Trollkrieger, Achterbahndesigner oder Nachbarinnen bezirzender Swimmingpoolbauer als Kapitalist. Denn die Gefahr bei letzerem ist: Du könntest es ernst nehmen und vergessen, dass Spielen was mit Freiheit und Spaß zu tun hat.