Früher konnt man bei der Bahn eine so genannte »Bahncard« erwerben. Das war eine Rabattkarte, mit der sich für ein Jahr lang Fahrkarten zu reduzierten Preisen (25% oder 50% Ermäßigung) erwerben ließen. Das gibt es heute nicht mehr. Die Bahn verkauft nur noch Abonnements, die nicht ein Jahr, sondern erstmal ewig gelten. Gemeinerweise aber immer noch »Bahncard« heißen. Das Abo gab es früher auch, wurde allerdings mit einer Geltungsdauer von 13 statt 12 Monaten belohnt und musste extra angekreuzt werden. Definitiv zu kundenfreundlich!
Vorteile für den Kunden hat diese Änderung nur noch in den Fällen, wo jemand seine Bahncard quasi täglich nutzt und nicht plötzlich mit abgelaufener Karte dastehen will. Jeder andere spart eine Menge Geld, wenn er nach Ablauf der alten Karte die Neue erst dann beginnen lässt, wenn er sie wirklich braucht. Bei einer BahnCard50 zum Normalpreis sind das immerhin 4,61€ pro Woche oder 65 Cent pro Tag. Tipp: Auf dem Bahncard-Formular kann man eintragen, ab wann die Karte gelten soll – und am Schalter erhält man sofort eine vorläufige Bahncard, mit der es dann losgehen kann.
Also ist die erste Aktion nach Erhalt einer neuen Bahncard: Brief an den Bahncard-Service schreiben und das Abo kündigen. Vorzugsweise per Einschreiben.
Das letzte Mal habe ich diesen Schritt vergessen. Es war ja auch nur die Umwelt-Bahncard25, die nur sechs Monate gültig war, kein Photo benötigte und einfach per Klick zu beantragen war. Dass sich die auch automatisch verlängern könnte, hatte ich nicht bedacht. War aber halb so schlimm, denn ich habe mich rechtzeitig entschieden, sogar schon vor Ablauf wieder eine BahnCard50 haben zu wollen.
Also tigere ich zum Bahnhof, fülle das Formular aus, gebe mein Photo ab – dauert nur 5 Minuten. Der freundliche Servicemitarbeiter weist mich dankenswerterweise noch darauf hin, dass ich meine BahnCard25 dann noch kündigen müsse. (Ja, es gibt Szenarien, in denen es Sinn macht, sowohl eine 25er als auch eine 50er zu besitzen. Die 25er gewährt im Gegensatz zur 50er auch Rabatt auf Sparpreise, kann also bis zu 62,5% einsparen helfen.) Das könne ich ganz einfach dadurch erledigen, dass ich den Satz »Hiermit kündige ich mein Abonnement zur Bahncard Nummer xyz. Datum, Unterschrift.« auf ein weißes Blatt schreibe und dem Antrag beigelege. Das habe ich flugs vor Ort gemacht und wähnte mich auf der sicheren Seite.
Drei Wochen später kam meine neue BahnCard50 per Post. Alles prima. Ich reise heute noch viel und gern mit ihr.
1. Akt: Da fehlt doch ein Photo!
Tags darauf aber trudelte ein Brief in meinen Briefkasten: »Für die Bearbeitung Ihres Bahncard-Antrags fehlen noch Unterlagen. Siehe Rückseite.« Auf der Rückseite stand lapidar: »Photo«. Fix bei der Hotline für Bahncard-Kunden (12ct pro Minute) angerufen:
Tobias: Guten Tag, ich habe gerade einen Brief erhalten, ich sollte noch ein Photo einreichen. Ich habe aber die Bahncard schon.
Call-Center-Agentin: Ihre BahnCard-Nummer?
Tobias (nennt Bahncard-Nummer)
Call-Center-Agentin: Moment! (tippt zwei Minuten wild im CRM-System)
Call-Center-Agentin: Aber hier liegt doch ein Photo von Ihnen vor.
Tobias: Eben!
Call-Center-Agentin: Moment! (tippt zwei Minuten wild im CRM-System)
Call-Center-Agentin: Hatten Sie eine UmweltBahnCard?
Tobias: Ja, aber die habe ich fristgerecht gekündigt. Die Kündigung lag dem Antrag für die BahnCard50 bei.
Call-Center-Agentin: Moment! (tippt zwei Minuten wild im CRM-System)
Call-Center-Agentin: Sie haben ja jetzt eine BahnCard50.
Tobias: Eben!
Call-Center-Agentin: Und hier ist auch vermerkt, dass Sie die Umwelt-Bahncard gekündigt haben.
Tobias: Eben!
Call-Center-Agentin: Dann hat sich da wohl etwas überschnitten. Betrachten Sie das Schreiben einfach als gegenstandslos. (tippt 30 Sekunden wild im CRM-System) Vielen Dank für Ihren Anruf!
2. Akt: Aber sie haben doch ein Abo!
Nur drei Tage später wunderte ich mich, dass schon wieder ein Brief mit fühlbar scheckkartengroßem Inhalt vom BahnCard-Service bei mir eintraf. Und, oh Wunder! Es war eine niegelnagelneue BahnCard25. Fix bei der Hotline für Bahncard-Kunden (12ct pro Minute) angerufen:
Tobias: Guten Tag, ich habe gerade eine neue BahnCard25 erhalten, obwohl ich fristgerecht gekündigt habe.
Call-Center-Agentin: Ihre BahnCard-Nummer?
Tobias (nennt Bahncard-Nummer der neuen BahnCard50)
Call-Center-Agentin: Moment! (tippt zwei Minuten wild im CRM-System)
Call-Center-Agentin: Aber sie haben ja jetzt eine BahnCard50.
Tobias: Eben! Und bis vor Kurzem die Umwelt-BahnCard25. Die hatte ich aber gekündigt.
Call-Center-Agentin: Moment! (tippt zwei Minuten wild im CRM-System)
Call-Center-Agentin: Aber für die liegt hier eine fristgerechte Kündigung vor.
Tobias: Eben!
Call-Center-Agentin: Und was ist jetzt das Problem?
Tobias: Ich habe trotz Kündigung eine neue BahnCard25 bekommen. Die möchte ich aber nicht haben. Darum auch die Kündigung.
Call-Center-Agentin: Oh. Da muss es zu einer Überschneidung gekommen sein. Ich vermerke das hier mal (tippt 25 Sekunden wild im CRM-System). Ich schicke Ihnen jetzt einen Brief, in dem sie aufgefordert werden, die BahnCard25 zurückzusenden. Dann ist der Fall für Sie erledigt. Vielen Dank für Ihren Anruf!
3. Akt: Ihr Anliegen
Na, da war ich aber mal gespannt. Tatsächlich: Vier Tage später hielt ich einen Brief mit etwas abenteuerlichem Text in Händen: »Wir sind bereit, Ihrem Anliegen zu entsprechen. Bitte senden Sie die BahnCard Nr. xyz zurück an..«. Mein Anliegen?? Hallo!? Ihr macht einen Fehler und lasst euch dann herab, meinem vermutlich arg exotischen Wunsch nach Fehlerbehebung entgegenzukommen?
Na gut. Schreiben aufgesetzt, höfliche Dinge reingeschrieben, um schriftliche Bestätigung gebeten, Karte beigelegt und dummerweise vergessen, das als Einschreiben auf die Reise zu schicken.
4. Akt: Aber Sie haben doch ein Abo!
Fast zwei Wochen lang habe ich nichts von der Bahn gehört oder gelesen. Leider auch nicht in Form eines Kündigungs- und BahnCard-Rücksende-Bestätigungs-Schreibens. Bis der Blick auf meinen jüngsten Kontoauszug fiel: »Lastschrift BahnCard-Service: -55€« Soviel kostet zufällig ein BahnCard25-Abo pro Jahr. Fix bei der Hotline für Bahncard-Kunden (12ct pro Minute) angerufen:
Tobias: Guten Tag, ich habe gerade eine nicht ermächtigte Lastschrift für eine BahnCard25 auf meinem Konto entdeckt, obwohl ich fristgerecht gekündigt habe.
Call-Center-Agentin: Ihre BahnCard-Nummer?
Tobias (nennt Bahncard-Nummer der neuen BahnCard50)
Call-Center-Agentin: Moment! (tippt zwei Minuten wild im CRM-System)
Call-Center-Agentin: Aber sie haben ja jetzt eine BahnCard50.
Tobias: Eben! Und bis vor Kurzem die Umwelt-BahnCard25. Die hatte ich aber gekündigt.
Call-Center-Agentin: Moment! (tippt zwei Minuten wild im CRM-System)
Call-Center-Agentin: Aber für die liegt hier eine fristgerechte Kündigung vor.
Tobias: Eben!
Call-Center-Agentin: Und was ist jetzt das Problem?
Tobias: Ich habe vor einer Woche mit Ihrer Kollegin telephoniert, die mich um Rücksendung der versehentlich zugestellten BahnCard25 gebeten hat. Das habe ich getan. Trotzdem wurde mein Konto belastet.
Call-Center-Agentin: Moment! (tippt zwei Minuten wild im CRM-System)
Call-Center-Agentin: Moment, ich kläre das und lege sie mal kurz in die Warteschleife!
Tobias (lauscht 5 Minuten schöner Warteschleifenmusik)
Call-Center-Agentin: Das hat sich wohl etwas überschnitten. Entschuldigen Sie bitte das Versehen. Können Sie die Lastschrift noch stornieren?
Tobias: Ja klar, kein Problem. Einfach wegen Widerspruchs zurückgehen lassen?
Call-Center-Agentin: Ja, genau. Ich mache hier einen Vermerk für die Buchhaltung (tippt mittelwild 10 Sekunden im CRM-System). Dann hat sich das für Sie erledigt.
Tobias: Also so ganz glaube ich nicht mehr daran. Können Sie mir noch eine schriftliche Bestätigung zukommen lassen, dass der Fall damit erledigt ist?
Call-Center-Agentin: (übertrieben fröhlich) Ja klar, gar kein Problem. Vielen Dank für Ihren Anruf!
5. Akt: Wie kommen Sie denn auf DIE Idee?
Natürlich habe ich kein Bestätigungsschreiben bekommen. Dafür wieder zwei Wochen später einen Brief vom »DB Forderungs-Management«. Ich hätte unerklärlicherweise eine Lastschrift widerrufen. Das solle ich bitte umgehend erklären. Und zusätzlich anfallende Kosten würden natürlich mir zur Last fallen. Also fix bei der Hotline für Bahncard-Kunden (12ct pro Minute) angerufen:
Tobias: Guten Tag, ich habe eine nicht ermächtigte Lastschrift zurückgehen lassen und deshalb ein Schreiben vom Forderungs-Management bekommen.
Call-Center-Agentin: Ihre BahnCard-Nummer?
Tobias (nennt Bahncard-Nummer der neuen BahnCard50)
Call-Center-Agentin: Moment! (tippt zwei Minuten wild im CRM-System)
Call-Center-Agentin: Sie haben eine neue BahnCard50.
Tobias: Ja, die will ich auch behalten. Aber bis vor Kurzem hatte ich die Umwelt-BahnCard25. Die hatte ich aber gekündigt. Trotzdem wurde das Geld eingezogen.
Call-Center-Agentin: Moment! (tippt zwei Minuten wild im CRM-System)
Call-Center-Agentin: Moment, ich kläre das und lege sie mal kurz in die Warteschleife!
Tobias (lauscht 15 Minuten – ungelogen! – schöner nichtnervender Warteschleifenmusik)
Call-Center-Agentin: Vielen Dank, dass sie so lange gewartet habe. Sie können das Schreiben ignorieren.
Tobias: (noch Warteschleifenbedudelt) Bitte?
Call-Center-Agentin: Ich habe das gerade geklärt. Sie können das Schreiben ignorieren.
Tobias: Ähm. Also so ganz glaube ich nicht mehr daran. Können Sie mir noch eine schriftliche Bestätigung zukommen lassen, dass der Fall damit erledigt ist?
Call-Center-Agentin: (übertrieben fröhlich) Ja klar, gar kein Problem. Vielen Dank für Ihren Anruf!
6. Akt: Über allen Wipfeln ist Ruh
Seit vier Wochen habe ich nun nichts mehr von der Bahn gehört. Ist das gut? Ist das verdächtig? Man weiß es nicht..
Jedenfalls weiß ich: Was immer Ihr auch kündigen wollt, tut es schriftlich, als Einschreiben mit Rückschein. Abo-Verträge sind wie Aalreusen: Rein kommt man leicht, raus nur nach hartem Kampf und mit schweren Blessuren. Die hießen bei mir: 5€Kosten für Hotline und Porto und zudem ’ne Menge verschwendeter Zeit.
Und für BahnCard-Kunden:
Also ist die erste Aktion nach Erhalt einer neuen Bahncard: Brief an den Bahncard-Service schreiben und das Abo kündigen. Vorzugsweise per Einschreiben.