media2mult: virtUOS-Projekt als Titelthema in der c’t

„PDF aus dem Wiki“ steht auf der Titelseite der aktuellen c’t 18/2008 (ab morgen im Handel). Dahinter verbirgt sich ein gleich fünfseitiger Artikel von Martin Gieseking und Oliver Vornberger über ein Projekt des Zentrums für Informationsmanagement und virtuelle Lehre der Uni Osnabrück. Die Ursprünge reichen zu der Frage zurück: Wie entsteht eigentlich optimalerweise ein Vorlesungsskript, das zugleich auch online verfügbar ist? Prof. Vornberger hatte dazu bereits seit langem mit einem Konvertierungssystem namens mas2tex experimentiert: Aus einer einzigen und relativ simplen Auszeichnungssprache werden mit hohem Qualitätsanspruch Online- und Offline-Inhalte generiert. media2mult – der Name des neuen, Wiki-basierten Systems – vereinfacht die Erstellung nochmals und eröffnet neue Möglichkeiten.

Klar, LaTeX, Word und Konsorten können auch HTML oder PDF oder anderes generieren. Aber dabei wird zumeist nur eine kleine Teilmenge der jeweiligen Möglichkeiten unterstützt. Online-Inhalte bieten: Aktive Links, Multimedia-Elemente wie Videos und Audios oder gar interaktive Elemente wie Formulare, Gästebücher, Notizbuchfunktionen. Gute druckbare Dokumente haben ein professionelles seitenbasiertes Layout, ein automatisch generiertes Inhaltsverzeichnis und andere Referenzen und Querverweise. Der Clou bei media2mult liegt in medienabhängigen Konvertierungsroutinen. Ein eingebundenes Video wird im Web als Video, im Druck als Vorschaubild ausgegeben, eine per gnuplot beschriebene Funktion live und in der richtigen Auslösung geplottet, eine Audiodatei wird für den Druck mit einem beschreibenden Ersatztext ersetzt.

Das epolos-Teilprojekt „Autorensysteme“ hat im virtUOS eine lange Geschichte. Bereits 2002 haben wir darüber diskutiert: Wie wollen und können Lehrende möglichst einfach aber gleichzeitig flexibel Vorlesungsskripte erstellen und immer wieder überarbeiten? Ein Diskussionskern: WYSIWYG oder nicht? Kann man Dozenten zumuten, XML zu schreiben? Herausgekommen ist ein entschiedenes Jein! Wikis im Sinne simpler Conten-Management-Systeme bieten eine schnelle Vorschau, sind aber im Bearbeitungsmodus an eine einfache und logische Auszeichnungssprache gebunden. XML ist daraus leicht ableitbar, wird aber nicht von den Autoren selbst geschrieben.

So ist mittlerweile ein großer Zoo an Wiki- und media2mult-Anwendungen entstanden. Unser bevorzugtes Wiki-System ist PmWiki – trivial zu installieren, einfach zu erweitern und umfassend gestaltbar. Große E-Learning-Projekte wie English Language and Linguistics Online (ELLO) oder Mediale Produktion (Medida-Prix-Finalist 2008)  verwenden PmWiki, ebenso die virtUOS-Webseite, die Stud.IP-Online-Hilfe, die Wikifarm für die 140 allgemeinbildenden Schulen in Stadt- und Landkreis Osnabrück. Für alle gilt: Primär sind die Angebote für das Web gedacht und mit interaktiven Features angereichert. Suchfunktionen, interaktive Quizzes und Fragen zur Selbstüberprüfung, enge Anbindung an Stud.IP mit Rechtekontrolle. Aber dank media2mult können all diese Angebote auf einen Klick auf ein attraktives PDF-Dokument generieren. Oder einen HTML-Baum, der auch eine CD-Rom gepresst werden kann. Oder, oder, oder: Die Grenzen der Phantasie sind hier längst noch nicht ausgelotet.

Auch der umgekehrte Weg ist erfolgreich: Manchmal steht das gedruckte Produkt als Ziel im Vordergrund, auf dem Weg dahin sind aber viele Autoren beteiligt. Das Stud.IP-Dozentenhandbuch ist von Dutzenden Autoren in einem Wiki erstellt worden. In vielen Seminaren und anderen Lehrveranstaltungen an Uni und FH Osnabrück  werden die Studienarbeiten im Wiki erarbeitet und dann auf Knopfdruck in ansprechendem Drucksatz ausgeworfen. An Schulen beginnen derzeit die ersten Schülerinnen und Schüler, Ihre Studienarbeit im Wiki zu schreiben. Dadurch können Lehrer besser und früher coachen und Tipps geben und das Endergebnis ist fertig, wenn der Text fertig ist: Kein Rumfummeln mit Word und Co. in einer durchgemachten Nacht vor Abgabeschluss.

Cross-Media-Publishing wird durch die Verbindung von Wiki und media2mult-Konvertierungswerkzeugen auf eine neue Ebene gehoben. Nicht mehr die kleinste gemeinsame Teilmenge der Medien wird bestimmend, sondern die Autoren können mit einem Quelldokument die Möglichkeiten optimal ausnutzen. Das Basisprinzip Wiki macht zudem schon den Erstellungsprozess flexibler: Viele können mitarbeiten und das im Wachsen begriffene Dokument ist gleichzeitig eine Web- und E-Learning-Anwendung. Diese Vielfalt erfordert aber auch sorgfältige Planung und Steuerung. Die Erfahrungen zeigen: Für fast jedes Szenario lassen sich gute und einfach handhabbare Lösungen mit wenig Aufwand umsetzen.

Hochschulmanager des Jahres

Heutzutage redet man ja allerorten darüber, dass Hochschulen wie Unternehmen seien und Studenten eigentlich Kunden (Professoren dann vermutlich Verkäufer?). Und immer ist von „endlich“ die Rede: Endlich müssten auch Hochschulen sich am Markt orientieren und endlich geschehe mal etwas und so weiter.

Die üblichen Verdächtigen dieser Hochschulweltanschauung treffen sich normalerweise auf Konferenzen, deren Broschüren teure Kupfer-Schmuckfarben tragen und delektieren sich daran, dass die Hochschulen endlich ihre eigenen Verwaltungen als Forschungsobjekt gefunden haben und man den ganzen kalten Consulting-Kaffee von gestern nochmal verkaufen kann.

Heute flatterte eine weitere Konferenzeinladung auf meinen Schreibtisch. „Hochschulmanagement – Schwerpunkt Finanzierung“. Ort der Veranstaltung: Bertelsmann-Repräsentanz, Berlin. Veranstalter: Financial Times Deutschland. Es reden die üblichen Verdächtigen zu den üblichen Themen: Was können Hochschulen von Unternehmen lernen? Was können Hochschulen von den USA lernen? Wie lassen sich private Spender locken? Wie lassen sich Forschungsergebnisse vermarkten?

Und der Höhepunkt: Die feierliche Krönung des „Hochschulmanagers des Jahres“. Wie wird man das denn? Naja, ganz einfach, man beauftrage die Bertelsmann-Stiftung, d.h. das CHE und die finden schon raus, wer da geeignet ist. Klare Kriterien haben sie auch:

Die zwei Dutzend Hochschulen mit den größten positiven Veränderungen werden schriftlich befragt, inwieweit diese Veränderungen mit des internen Managements auf Leitungsebene verbunden sind. (Sic!)

Gute Hochschulmanager sind die, lernen wir, die der Uni ein Leitbild geben, die Fachbereiche fusionieren, die Unternehmenbeteiligungen haben und neue Finanzquellen auftun. Außerdem lassen sie sich bei Berufungsverfahren nicht von den Fächern in die Suppe spucken.

Alles nichts Neues. Erschreckend finde ich aber die Selbstverständlichkeit, mit der Weltsichten, Zustände und Vorgehensweisen aus der „freien Wirtschaft“ ohne mit der Wimper zu zucken auf die öffentliche Aufgabe „Bildung“ übertragen werden.

Besonders nett fand ich im Einladungsschreiben noch die Aussage, dass Ausbildung und Spitzenforschung nur mit einem Spagat zu vereinbaren seien – die Einheit von Forschung und Lehre wird da mit einem Handstreich vom Tisch gewischt. Will unsere Gesellschaft die Diskussion um die Zukunft der Bildung tatsächlichen den „Spitzenmanagern“, „Meinungsbildnern“ und „Entscheidungsträgern“ und vor allem der Bertelsmann-Stiftung überlassen? Es sieht so aus.

Mehr über die Konferenz: http://ftd.faktor3server.de/hochschulmanagement

Aus Tradition so tun als ob. Universitäre Selbstbehauptungen.

2004 war es noch Spaß. Da haben im Auftrag der ZEIT drei Werbeagenturen so getan, als ob deutsche Hochschulen so etwas wie Unternehmen seien. Die müssten sich dann ja auch mit werberischen Mitteln auf einem Markt behaupten. Und griffig sein. Heraus kam Putziges: Deutschlands härteste Denkschule für die Uni Witten/Herdecke, „Raus aus der Masse“ für die Uni Münster und „Kommt zusammen!“ für die FU Berlin.

Mittlerweile ist es Ernst.  Das Scholz&Friends-polierte Leuphana-Beispiel samt Video-Satire kennt natürlich mittlerweile jeder. Jetzt rüstet der Rest der Republik nach.

Hochschulen werden Marken. Eine ordentlich Marke braucht natürlich einen Claim. Ihr wisst schon: „Fielmann – mit den Zweiten sieht man besser“, „Opel – die tun was“, „Miele weiß, was Frauen wünschen“. Und so weiter. Eben etwas, das die Marke ins Gehirn brennt.

In den letzten Wochen sind mir gleich mehrere neuere und ältere Claims deutscher Hochschulen über den Weg gelaufen:

Universität zu Köln
Gute Ideen. Seit 1388.
(scheint bislang hauptsächlich in Stellenanzeigen verwendet zu werden)
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
wissen.leben
(mit drolligen Subclaims wie wissen.leben.campus, wissen.leben.sehen, wissen.leben.wir oder wissen.leben.award. Was steht dann wohl an den Toiletten?)
Universität Rostock
Oben angekommen.
(Hart an der Grenze zum Kalauer)
Universität Hamburg
Tor zur Welt der Wissenschaft.
(Sehr staatsmännisch und hanseatisch seriös. Aber langweilig.)
Universität Paderborn
Die Universität der Informationsgesellschaft.
(Ja, wenn die’s sagen… Aber weiß das auch die Informationsgesellschaft?)
WHU Otto Beisheim School of Management
Excellence in Management Education.
(Nichts anders hätte ich da erwartet.)
Universität Duisburg-Essen
Wissenschaft an Rhein und Ruhr.
(Sehr sinnig und irgendwie … treffend.)
Technische Universität München
TUM. Die unternehmerische Universität.
(Huch?! Warum das? Wer unternimmt denn da?)
Technische Universität Dresden
Wissen schafft Brücken.
(Auch kalauergefährdet. Und angesichts der Waldschlösschenbrücken-Sache nicht so richtig positiv besetzt.)
Universität Leipzig
Aus Tradition Grenzen überschreiten
(Find ich pfiffig. Aber eine schöne Story ist auch: KEine Geschichte mit Zukunft.)

Fazit: Kein klarer Trend auszumachen. Wortspielerische, regionale und blödsinnige Vorschläge halten sich irgendwie die Waage. Sicher gibt es aber noch einige mehr. Hat jemand Hinweise auf hier fehlende Hochschul-Claims?

Und was ist eigentlich mit unserer schönen Universität Osnabrück, die weder Claim noch schmückenden Namen hat? Vielleicht bodenständig-handfest „Die gelbe Uni mit dem roten Dach“? Oder lieber was Schwammiges Hintergründiges wie „Überraschend durchdacht“? Ein anderer, herrlich ehrlicher Vorschlag wurde ja leider schon früher abgelehnt.

Keynotes, 2. Tag: Gisella Langé – The European Language Portfolio and Websites supporting it

Gisella Langé eröffnet die höchst engagiert vorgetragene zweite Keynote des Tages mit einer Übersicht über die „8 Key Competences for Lifelong Learning“, wie sie die EU definiert hat. Was sind eine „Key Competences„?

Key competences represent a transferable, multifunctional package of knowledge, skills and attitudes that all individuals need for personal fulfilment and development, inclusion and employment. These should have been developed by the end of compulsory schooling or training, and should act as a foundation for further learning as part of lifelong learning.

Im Einzelnen sind dies:

  1. Communication in mother tongue
  2. Communication in a foreign language
  3. Mathematical literacy and basic competences in science and technology
  4. Digital Competence
  5. Learning-to-learn
  6. Interpersonal and civic competences
  7. Entrepreneurship
  8. Cultural Expression

Die Positionen 2., 5. und 8. sieht sie in besonderer Weise als solche, die vom European Language Portfolio berührt werden. Die meisten kennen den Europäischen Referenzrahmen (CEFR), der Sprachkenntnisse in Stufen von A1 bis C2 kategorisiert. Das Language Portfolio ist aber detailliert und gehe somit darüber hinaus. Es besteht aus drei Teilen: „Language Biography“, „Language Passport“ und „Dossier“.

Ich hatte zunächst Probleme mit der Terminologie. Unter einem Portfolio verstehe ich eine persönliche Sammlung von Nachweisen und Dokumenten. Die kann nicht von der EU zertifiziert werden oder offiziell verabschiedet o.ä. Das aber solle mit dem Europäischen Language Portfolio geschehen. Gemeint ist also: Ein Rahmen für Portfolios – Gestaltungsrichtilinien oder Vorlagen, sozusagen. Davon gibt es derzeit schon 95 und 2,5 Millionen Vordrucke wurden bereits in Umlauf gebracht. Das ganze hängt eng mit EUROPASS zusammen und eine beachtenswerte niederländische Vorlage gibt es auch bereits.

Sie räumt allerdings ein, dass das Language Portfolio nicht mit dem Europäischen Referenzrahmen kompatibel ist und noch nicht offiziell unterstützt werde. Für das Portfolio spreche aber, dass damit die Autonomie von Lernern besser unterstützt werde und somit auch die Verbreitung der europäischen Idee vorangetrieben werde.

Schlusswort: Das European Language Portfolio ist ein Change Agent. Und es hilft auch Lehrern, die bei Nutzung und Propagierung der Portfolio-Vorlagen auf deutlich motiviertere Schüler träfen.

Keynotes, 2. Tag: Claudi Dondi – eLearning quality and innovation

Claudio Dondi, Präsident der European Foundation for Quality of E-Learning macht den Anfang. Sehr ausführlich und gründlich arbeitet er heraus, dass Qualität ein sehr relativer Begriff ist. Es komme darauf an, welche Akteure in welchen Sektoren aktiv sind und welche Qualitätsanforderungen die Beteiligten aus ihrer Perspektive mitbringen. Er unterscheidet beim E-Learning subjektive und objektive Qualitätsfaktoren. Objektive sind: Kontext, Quellen und Prozesse. Subjektive: Zugang über einen Anwendungsektor, Rolle innerhalb dieses Sektor (Lehrer haben andere Maßstäbe als Schüler) und Werte bzw. Visionen und Meinungen über die Welt. Dondi unterscheidet dabei so etwas wie die „Civic World“, die „Merchant World“ und die „Industrial World“.

Um in diesem sehr weit gesteckten Rahmen Qualität verlässlich beurteilen und managen zu können, verweist er auf das Seequel Quality Framework. Dieses Framework bietet für den Evaluator oder E-Learning-Entwickler eine Liste gewichtbarer Kriterien. Qualität ist damit ein Verhandlungsprozess: Nach der initialen Positionierung des eigenen Vorhabens im Kriterienraster folgt die Diskussion und Verhandlung über abweichende Einschätzungen, dann die „Explication of visions“, die zu einer „Vision of Quality“ führt. Es folgt die Implementierung und im Rückfluss das Feintunig der vorher formulierten Vision.

E-Learning, führt Dondi aus, könne vieles heißen. Zwischen formalisierung und informell, sowie „abgeschottet“ und „extended learning context“ spannt er ein zweidimensionales Koordinatensystem auf, in dem typische Szenarien verortet werden können: Z.B. E-Learning in Schulen (abgeschottet und formalisiert) gegenüber E-Learning als ein Nebeneffekt von Online-Kommunikation (informell und extended).

E-Learning 2010 sei eher I-Learning: innovative, intelligent, integrated, inter-personal, imaginative, inclusive und insgesamt: I (Ownership of Learning). Damit könne neues Wissen generiert werden, statt nur kontrolliertes Wissen verbreitet; die Rolle des Lehrer werde angereichert und schlussendlich neue Lernergruppen erreicht, die vorher im formalisierten Bildungssystem keinen Platz (mehr) gefunden haben. Gedanken sind sehr schnell,  so Dondi weiter, Trends etwas langsamer und noch langsamer institutioneller Wandel. Daher brauche es noch Zeit, bis I-Learning Alltag ist.

Zum zweiten großen Thema des Vortrags – Innovation – kommt Dondi aus Zeitmangel nur kurz. Der „Human Touch“ sei entscheidend, Innovation ohne Einbeziehung der Betroffenen sinnlos. Innovationsprozesse, Lebenslanges Lernen und Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) sieht er als gegenseitig verbundenes Dreieck, in dessen Mitte E-Learning stehen könne und solle.

Schlusswort: „Innovation can never be imposed.“

Enter Homo Zappiens – Opening and Keynote Speeches

Jede gute wissenschaftliche Konferenz startet bekanntlich damit, dass die Hymne des Gastgeberlandes gespielt wird und alle ehrfurchtsvoll aufstehen, um, wenn nicht mitzusingen, so doch andächtig zuzuhören. Leider gab heute morgen während der lettischen Hymne das Präsentationsnotebook seinen Geist auf und musste ersetzt werden. So konnte die Hymne erst nach den ersten Grußworten vollständig abgespielt werden. Die europäische gab’s noch hinterher. Herbert Eile, ecoMedia-Netzwerkkoordinator, bemühte dann in seiner kurzen Ansprache in österreichischer Sprache (simultan übersetzt ins Lettische und Englische) auch gleich das Kosmopolitische. Er begrüßte „bildungspolitische Entscheidungsträger aus 24 Nationen“ und forderte die Teilnehmer auf, die Ergebnisse der Konferenz „als Botschaft hinauszutragen in den Kontinent Europa“. Bestens eingestimmt auf Großes also, konnten die gut 100 Teilnehmer dann drei Keynotes lauschen.

ecoMedia, 3rd thematic conference

Andris Ambainis, sympathischer Quantencomputer-Experte und „despite his youth“ offensichtlich lettischer Starwissenschaftler machte den Auftakt mit Überlegungen zu „New Technologies and the Future of Computing“. Wer regelmäßig die c’t-Artikel zu Fortschritten bei Quantencomputern liest, konnte kaum Neues erfahren und auch als allgemeine Einführung in das Thema fehlte ein wenig Struktur. Er konnte aber gut vermitteln: In 20 Jahren könnten Computer ganz anders aussehen als heute und ganz andere Dinge mit Leichtigkeit erledigen – und damit ist nicht bloß neue Apple-Oberflächen (physisch wie virtuell) gemeint. Auf die Frage, WAS denn der einfache Mann von der Straße davon haben würde, wusste er vor allem diplomatisch zu antworten: „Bislang haben sich immer Ingenieure gefunden, die mit mehr Rechenleistung etwas anzufangen wussten.“ Ansonsten hat er mich von Stimme, Akzent und Tonfall her sehr an Peter Sellers als Dr. Strangelove erinnert, vor allem als er als Beispiel die heute übliche verschlüsselte Überrtagung von Kreditkartennummern, z.B. zu Amazon, anführte und grinste: „So if we had a quantum computer, we could break all codes.“

Etwas näher ans Zentrum der Konferenzthemen führte Thomas Maier, Teacher Portal Manager des European Schoolnet. Er berichtete von einer großen Metastudie zum Thema „The ICT Impact Report – A Review of Studies on ICT Impact on Schools in Europe“. Also: Was bringt das ganze Computerzeug in den Schulen eigentlich? Zunächst attestierte er sowohl quantitativen (Wie soll man genau messen, welchen Einfluss ICT neben anderen Einflussgrößen hatte?) als auch qualitativen (Da wird gefragt, wie Lehrer, Eltern und Schüler den Einfluss von ICT in der Schule einschätzen. Stimmt das mit der Realität überein?) Vorgehensweisen methodische Schwächen, konnte aber keine abschließende Lösung präsentieren. Ihr Review berücksichtigt beide Welten. Die Ergebnisse sind insgesamt interpretationsbedürftig. Klar: Es werden Effekte beobachtet, auch positive. Sehr stark z.B. in Grundschulen, vor allem im Muttersprachenunterricht. Whiteboards machen in Englisch, Mathe und Naturwissenschaften besser, aber nur im ersten Jahr. Alle sehen einen positiven Einfluss von ICT. Ich finde: Da muss man nochmal einen genauen Blick in das Review werfen. Maier berichtete weiter, dass 90% aller europäischen Lehrer ICT zur Unterrichtsvorbereitung nutzen, sich deren ICT-skills drastisch verbessert hätten, aber neue pädagogische Konzepte kaum Anwendung finden. Dabei träfen sie auf eine Generation von Schülern, die Blogs, Podcasts und AV-Videokonferenzen ganz selbstverständlich nutzen – im Gegensatz zu Lernplattformen, die kein Schüler verwendet. Höchstens als Dateiarchiv. Nutzergenerierter Content sei die Zukunft, schließt Maier und fordert weitere große Studien und die Aufnahme neuer Kompetenzen in Curricula und Tests.

Die neue Generation von Schülern stand auch im Mittelpunkt von Mikael Anderssons (Swedish Agency for Fleixble Learning) Vortrag mit dem Titel „Enter Homo Zappiens – a new era for ICT and learning“. Er sieht zwischen heutiger Eltern-/Lehrer- und Schülergeneration einen tieferen Graben als zwischen früheren aufeinanderfolgenden Generationen. Schüler seien „digital natives“, Lehrer „digital immigrants“, die den selbstverständlichen Umgang mit neuen Technologien im Gegensatz zu ihren Kindern als etwas Fremdes erleben. Der „Homo Zappiens“ ist gleichzeitig extremer Individualist (What’s in it for me?) und Kollektivist, der Dinge mit anderen teilen will (the MeWe-Game). Außerdem ist er Dividualist, der mühelos zwischen selbstgewählten Identitäten hin- und herswitcht (Pick a ‚me‘). Seine Generation sei völlig von Pippi Langstrumpf korrumpiert. Hätten seine Eltern die nonkonformistische Pippi noch für einen vermittelnswerten Gegenentwurf gehalten, ginge die heutige Elterngeneration bei der Erziehung davon aus, dass die Pippi-Sicht die Norm sei. Zudem hätte sich die berühmte Maslowsche Bedürfnispyramide verschoben. Die unteren Stufen – körperliche Bedürfnisse und das Bedürfnis nach Sicherheit – seien der heutigen Schülergeneration als vollkommen selbstverständlich erfüllt gar nicht mehr im Bewusstsein. Das rückt andere Bedürfnisse wie die nach sozialer Anerkennung und Selbstverwirklichung viel stärker in den Mittelpunkt. Das sei nicht per se „schlimm“, sondern logische Folge unserer Erziehung. Da Schritt zu halten wird schwierig, weil die ICT-Kompetenz mittlerweile auf der „falschen“ Seite liegt. Nicht auf der des Lehrers, sondern der des Lerners. Aufgabe des Lehrers aber sei Bildung zu vermitteln (in Abgrenzung zu Ausbildung – diesen sprachlichen Unterschied gibt es auch im Schwedischen), denn Information ist ungleich Wissen, sondern Wissen ist Information, multipliziert mit Verarbeitungsfähigkeit. Die habe Schule als Rahmen herzustellen.

Danach war die Pause wohlverdient.

ecomedia_pause.jpg

Runder, fluffiger, komischer!

Vor langer Zeit hatte ich schonmal über die Comic Sans gejammert. Vorgestern hat Spiegel Online heftig nachgelegt. Und es gibt jede Menge hämischer Webseiten. Alle gegen eine kleine unschuldige Schriftart. Recht neutral formuliert es noch das TypoWiki:

Unter Grafikdesignern ist die Comic Sans eher verpönt, da sie besonders von Laien oft übermäßig und in unangemessener Form verwendet wird.

Da möchte man fast Mitleid haben. Seid mutig und nutzt die Comic Sans! Das dachte sich wohl auch das Präsidium der Universität Osnabrück, als es heute eine launige Einladung zum Mitarbeiter-Sommerfest verschickt hat:

brief_praesidium.jpg

Prima Sache! Ich hab das gleich mal weitergeführt und an der Uni-Webseite ausprobiert:

uos_comic_sans2.jpg

Ich finde, so sollten wir’s machen! Wer’s ausprobieren möchte, ohne wie ich im FireBug CSS-Definitionen zu ändern, statt ordentlich zu googlen, kann Comic Sans a Website! verwenden. Großer Spaß.

So wie das hier:

theleprompt_comicsans.jpg

Verdoodlen wir ein paar Stündchen

Eine Universität ist ein komplexes Imperium aus Königreichen, Fürstentümern, abtrünnigen Republiken, besetzten Gebieten, verwaisten Landstrichen und Erbpfründen. Kein Wunder, dass eine alle Untertanen umspannende elektronische Terminverwaltung da nicht vom Himmel fällt.

Stellen Sie sich also vor, Sie bekommen so einen Anruf:

Guten Tag, ich rufe im Auftrag von Herrn Meier-Schultzemüller an und soll einen Termin für die nächste wichtige Arbeitsgrupppenbesprechung mit Ihnen und den anderen Teilnehmer vereinbaren. Haben Sie am Montag, 26.6. von 10-11 Uhr Zeit?

Guten Tag auch. Moment, da muss ich eben in meinen Kalender schauen – ja, da habe ich Zeit.

Und am Montag, 26.5., 11-12 Uhr?

Ja, da hätte ich auch Zeit.

Und am Montag, 26.5., 12-13 Uhr?

Nein, da nicht.

Und am Montag, 26.5., 13-14 Uhr?

Nein, da nicht.

Und am Montag, 26.5., 16-17 Uhr?

Ja, das ginge.

Und am Montag, 26.5., 17-18 Uhr?

Nein, da nicht.

Dienstag, 27.5., 8-9 Uhr?

Ja.

Dienstag, 27.5., 9-10 Uhr?

Ja.

Dienstag, 27.5., 10-11 Uhr?

Nein.

Dienstag, 27.5., 11-12 Uhr?

Ja.

Mittwoch, 28.5., 8-9 Uhr?

Ja.

Mittwoch, 28.5., 9-10 Uhr?

Ja.

Mittwoch, 28.5., 10-11 Uhr?

Nein.

Mittwoch, 27.5., 11-12 Uhr?

Vielleicht.

Vielleicht geht nicht.

Bitte?

Geht nicht. Sie müssen ja oder nein sagen.

Das weiß ich aber noch nicht.

Dann nehmen wir nein. Donnerstag, 28.5., 14-15 Uhr?

Ja.

Donnerstag, 28.5., 15-16 Uhr?

Ja.

Donnerstag, 28.5., 16-17 Uhr?

Nein.

Donnerstag, 28.5., 17-18 Uhr?

Nein.

Freitag, 29.5., 10-11 Uhr?

Ja.

Freitag, 29.5., 11-12 Uhr?

Ja.

Freitag, 29.5., 12-13 Uhr?

Ja.

Freitag, 29.5., 13-14 Uhr?

Ja.

Freitag, 29.5., 14-15 Uhr?

Ja.

Freitag, 29.5., 15-16 Uhr?

Ja.

Freitag, 29.5., 16-17 Uhr?

Ja.

Montag, 1.6., 8-9 Uhr?

Nein. Da bin ich die ganze Woche nicht da.

Macht nichts, ich muss trotzdem einzeln fragen. Montag, 1.6. 9-10 Uhr?

Nein.

Montag, 1.6., 10-11 Uhr?

Nein.

Montag, 1.6., 11-12 Uhr?

Nein.

Dienstag, 2.6., 8-9 Uhr?

Nein.

Dienstag, 2.6., 9-10 Uhr?

Nein.

Dienstag, 2.6., 10-11 Uhr?

Nein.

Dienstag, 2.6., 11-12 Uhr?

Nein.

Mittwoch, 3.6., 8-9 Uhr?

Nein.

Mittwoch, 3.6., 9-10 Uhr?

Nein.

Mittwoch, 3.6., 10-11 Uhr?

Nein.

Mittwoch, 3.6., 11-12 Uhr?

Nein.

Donnerstag, 4.6., 14-15 Uhr?

Nein.

Donnerstag, 4.6., 15-16 Uhr?

Nein.

Donnerstag, 4.6., 16-17 Uhr?

Nein.

Donnerstag, 4.6., 17-18 Uhr?

Nein.

Freitag, 5.6., 10-11 Uhr?

Nein.

Freitag, 5.6., 11-12 Uhr?

Nein.

Freitag, 5.6., 12-13 Uhr?

Nein.

Freitag, 5.6., 13-14 Uhr?

Nein.

Freitag, 5.6., 14-15 Uhr?

Nein.

Freitag, 5.6., 15-16 Uhr?

Nein.

Freitag, 5.6., 16-17 Uhr?

Nein.

Montag, 8.6., 10-11 Uhr?

Ja.

Montag, 8.6., 11-12 Uhr?

Ja.

… und so weiter…

So ein Quatsch, denken Sie jetzt. Erstens würde niemand so bräsig fragen und zweitens würde niemand so bräsig-geduldig antworten. Aber weit gefehlt! Dank eines seuchenartig um sich greifenden Tools namens Doodle rollt eine Welle von derartigen Terminabstimmungsorgien durch deutsche Hochschulen. Natürlich ist das unheimlich praktisch und quasi alternativlos, wenn man keine vernünftige gemeinsame Terminverwaltungssoftware hat.

Aber nur dann, wenn es um maximal 3-4 Terminalternativen geht. Mir einfach 80-100 mögliche Termine vor die Füße zu knallen und denken: »Nun geh mal deinen Kalender für die nächsten Wochen durch und klick mal schön!« ist irgendwie frech. Zumindest effektiv Arbeitszeit vernichtend.

(P.S.: An die, die sich jetzt angesprochen fühlen: Nein, ihr wart es nicht allein.. ;-))

Glückwunsch, Christina!

Eine prima Idee zur Hochschulkommunikation im Internet habe ich heute bei der Uni Münster entdeckt: Ein hervorgehobener Kasten »Neu an der WWU« direkt auf der Startseite. Schön daran: Die neuen Kollegen werden sehr sichtbar Willkommen geheißen, die Studierenden und Mitarbeiter prominent auf ein neues Gesicht aufmerksam gemacht. Und da die Uni sich ja schließlich in einem komplizierten Auswahlverfahren für die neue Professorin entschieden hat, ist das Ganze auch für Webseiten-Gäste von außerhalb ein Ausweis dessen, wofür die Hochschule stehen will.

Prof. Dr. Christina Noack

Ganz persönlich freut mich in diesem Fall, dass da heute meine alte Kollegin und die ehemalige Osnabrücker Studentin, Doktorandin und Lehrbeauftrage Christina Noack begrüßt wird – und das mit, wie ich finde, einer sehr gelungenen Darstellung.

Also auch auf diesem Wege: Glückwunsch, Christina und viel Erfolg bei den neuen Herausforderungen!

Ich bin immer noch kein Designer

Das virtUOS hat inzwischen eine ganze Menge zu tun. Kein Vergleich mehr mit den paar Männeken, die wir vor mehr als fünf Jahren mal waren, als jeder noch ganz genau wusste, was jeder andere den ganzen Tag über ausbrütet. Nachdem das Rechenzentrum Ende letzten Jahres so einen schicken neuen Flyer herausgegeben hat, in dem es alle seine Dienstleistungen beschreibt, hieß es auch für uns: Der alte Flyer ist überhaupt nicht mehr up2date. Da muss was Neues her!

Nichts aber ist langweiliger als lange Listen von Forschungsprojekten, Themen und Produkten, die lieblos heruntergerattert und nicht miteinander in Beziehung gesetzt werden. Beim Relaunch unserer Homepage im letzten Sommer haben wir versucht, die Zusammenhänge durch viel Querverlinkung und die geschickte doppelte Aufbereitung als Themen – spannend für die, die mit einer Idee ankommen und nach Lösungen suchen – und Produkte – spannend für die, die schon virtUOS-Dienste nutzen und dabei Unterstützung suchen – transparent zu machen. In einem Flyer ist aber nur wenig Platz und Links lassen sich auf Papier auch schlecht anklicken.

Meiner alten Begeisterung für selbstorganisierende Karten folgend, entstand schnell die Idee, eine zweidimensionale Landkarte der virtUOS-Themen und -Produkte zu entwerfen. Ich hatte dabei ganz buchstäblich an Landkarten gedacht: Da gibt es Regionen, wie z.B. »Niedersachen« oder »Vorlesungsaufzeichnung«, und Orte, wie z.B. »Osnabrück« oder eben »virtPresenter«. Zunächst hatten wir vermutet, dass es schwierig sein wird, die inhaltliche Nähe von Themen und Produkten, sowie die nicht scharf abgegrenzten Zuständigkeiten der drei virtUOS-Geschäftsbereiche in nur zwei Dimensionen abzubilden. Geschweige denn, darüber Konsens herzustellen. Aber das ging erstaunlicherweise ganz schnell. Natürlich ist das Ergebnis nicht perfekt, kann es auch gar nicht.

Schwieriger war die graphische Gestaltung, die jetzt fast drei Monate voller Irrungen, Wirrungen und Warteschleifen (soo wichtig ist angesichts des Tagesgeschäfts ein Flyer schließlich nicht) hinter sich hat. Und obwohl ich immer noch kein Designer bin, ist die Aufgabe letztendlich zu mir zurückgekommen und hängengeblieben.

Eigentlich hatte ich mir das Ding viel landkartenartiger vorgestellt, mit grünen Wiesen, sanften Hügelketten und fruchtbaren Marschen. Manchmal treffen sich aber Fähigkeiten und Ergebnis doch noch auf erfreulich schlichte Weise und hier ist nun die großartige Was-virtUOS-alles-tut-und-forscht-Landkarte (demnächst gedruckt in Ihren Händen):

virtuos_landkarte_klein.jpg

Wichtiger Hinweis: Die allermeisten der Dinge tun wir nicht allein. Andere zentrale Einrichtungen, allen voran das Rechenzentrum und die Bibliothek, sind wesentlich beteiligt, ebenso viele Wissenschaftler aus den Fachbereichen, die als Projektleiter, Ideengeber oder kritische Begleiter Wichtiges leisten. Hinzu kommt der Austausch mit anderen Hochschulen, ganz intensiv der FH Osnabrück und anderen Partnern in Niedersachsen und darüber hinaus. Das passte, meinen begrenzten graphischen Fähigkeiten geschuldet, jetzt aber nicht mehr auf die Karte.