Krise in der zweiten Ableitung

Spiegel ONLINE meldet heute: Ebay geht es schlecht. „In Deutschland sollen rund acht Prozent der rund 1250 Stellen gestrichen werden“ ließ das Unternehmen verlauten. Oh je? So schlimm? Wann geht es einem Unternehmen schlecht?

Es ist pleite. – Nö.

Es macht Verlust. – Nö.

Es macht weniger Gewinn. – Nö.

Also was ist das Problem?

Das Internet-Auktionshaus kämpfte zuletzt mit sinkenden Wachstumsraten sowie einem langsameren Gewinnwachstum.

Man lerne: Es reicht nicht, mehr zu leisten, man muss mehr mehr leisten, um seinen Job behalten zu dürfen.

Prozentrechnung ist schwieriges Rechnung

In der Rubrik „Nord aktuell“ schrieb die taz heute über die Oberbürgermeister-Stichwahlen in Schwerin:

Allein, die Wahlbeteiligung lag in Schwerin bei gerade einmal 41,3 Prozent – und das, obwohl bei Kommunalwahlen im Land bereits mit 16 Jahren votiert werden darf.

Ja sowas. Mehr Wahlberechtigte, aber trotzdem geringere Wahlbeteiligung. Seltsam, nich?

Jetzt gibt es zwei Lesarten für den Satz. Die positivere unterstellt, dass Lesern wie Redakteuren natürlich bekannt sei, dass 16-17jährige, wenn Sie denn wählen dürfen, in unermesslichen Scharen zu den Urnen eilen und damit schon ganz andere Wahlen aus dem Beteiligungstief gerettet haben. Jetzt mal grob über den Daumen gepeilt kann das aber kaum mehr als 2% an der Gesamtwahlbeteiligung ändern. (Annahme: ca. 4% der Wahlberechtigten sind 16-17 Jahre alt, Gesamtwahlbeteiligung um 50%)

Die andere – und ich fürchte, wahrscheinlich zutreffendere – Lesart ist die, dass das jemand absolute und relative Angaben durcheinandergeworfen hat. Die Menge der Wahlberechtigten ist immer 100%, egal ob 16jährige dabei sind, oder nicht. Wenn man jetzt noch davon ausgeht, dass sich 16-17jährige sogar unterdurchschnittlich an Wahlen beteiligten, hätte der Satz wohl lauten müssen:

Allein, die Wahlbeteiligung lag in Schwerin bei gerade einmal 41,3 Prozent – das auch, weil bei Kommunalwahlen im Land bereits mit 16 Jahren votiert werden darf.

Sie haben etwas zu essen bestellt? Oh, das tut mir leid für sie.

Siedler-Spieler kennen das Problem: Endlich brummt die Siedlung, produziert fleißig Brot und Wein und Häuser und Eisen. Aber dann stellt sich heraus, dass ein einzelnes Sägewerk nicht reicht. Die Produktion stockt, Bretter fehlen. Scharen verwirrter Träger laufen hektisch durch die Gegend, schleppen einzelne Baumstämme hin und her und wenn doch mal ein Brett fertig geworden ist, landet es garantiert an der falschen Stelle. Stunden können vergehen, bis sich so ein Knoten wieder löst.

Ein schönes Beispiel, wie anschaulich die knuddelige Simulation die Wirklichkeit abbilden kann, gab es gestern abend. Gemeinsames Abendessen bei einer großen E-Learning-Tagung in einer südniedersächsischen Stadt. Nach drei Stunden war für die Osnabrück-Hildesheim-Bremen-Ecke immer noch kein Essen in Sicht. Trotz genauer Vorbestellung. Dann wollten wir auch gar nicht mehr und sind nach Hause gegangen. Vorher hat – als Höhepunkt des Abends – einer der verwirrten Träger noch eine ganze Ladung mit Alkoholproduktionskettenendprodukten über einem Bremer abgeworfen.

Aber immerhin war das Frühstücksbuffet heute morgen im Hotel staufrei.

Konzerte in Osnabrück – wer kommt mit?

Ich bin gleich über mehrere interessante Konzerttermine in unserm beschaulichen Osnabrückchen gestolpert. Wer hat Lust, mitzukommen?

Fett = Karte schon besorgt

1.10.2008 – Portugal the Man im Glanz und Gloria

4.10.2008 – Gisbert zu Knyphausen im Glanz und Gloria

11.10.2008 – Mintzkov in der Kleinen Freiheit

26.10.2008 – PeterLicht in der Lagerhalle – Pflicht! Rezension des neuen Liederalbums „Melancholie und Gesellschaft“ bald hier

9.11.2008 – Guru Guru & Birth Control im Rosenhof – 40jähriges Jubiläum: Krautrock at its best!

11.11.2008 – Noch geheimes Super-Event in der Lagerhalle. Kostenlos! Pflicht!

18.11.2008 – Monsters of Liedermaching in der Lagerhalle

19.11.2008 – Jazzkantine in der Lagerhalle

26.11.2008 – Anne Clark in der Lagerhalle – Pflicht! Hab ich zuletzt 1986 in London gesehen. Wenn sie sich seitdem so gut entwickelt hat wie ich, wird das ein Monsterkonzert!

28.11.2008- Peter Fox im Rosenhof

Vielgesuchte Wörter. Heute: Der Bannerschlepp.

Douglas Adams und John Lloyd haben 1983 ein kleines Büchlein mit dem Titel „The Meaning of Liff“ vorgelegt. Darin schlagen sie kleine neue Wörter für Dinge, Gefühle und Begebenheiten vor, die jeder kennt, aber die noch kein eigenes Wort abbekommen haben.

AHENNY (adj.)
The way people stand when examining other people’s bookshelves.

AMBLESIDE (n.)
A talk given about the Facts of Life by a father to his son whilst walking in the garden on a Sunday afternoon.

CORFE (n.)
An object which is almost totally indistinguishable from a newspaper, the one crucial difference being tat it belongs to somebody else and is unaccountably much more interesting that your own – which may otherwise appear to be in all respects identical. Though it is a rule of life that a train or other public place may contain any number of corfes but only one newspaper, it is quite possible to transform your own perfectly ordinary newspaper into a corfe by the simple expedient of letting somebody else read it.

Eine deutsche Version von Sven Böttcher namens „Der tiefere Sinn des Labenz“ gibt es auch, sowie eine deutsche Webseite, die bisher unbenannte Gegenstände und Gefühle sammelt.

Oft ist die Lage aber die: Es gibt schon ein Wort für etwas, das ich umständlich zu erklären versuche, es kennt nur kaum jemand. Ein Jammer!

Gestern bin ich über ein solches Wort gestolpert:

Bannerschlepp, der:
Bei einem Bannerschlepp wird ein Schleppbanner im Flugzeugschlepp geschleppt.

Sie wissen schon: Werbebanner, die von einem kleinen Flugzeug am Himmel entlanggezogen werden und auf denen z.B. steht „Alles Gute Herfried„. Oder „Sauft Doppelbock!“ Oder „Kauft mehr!„.

In der Alltagssprache wird das Wort viel zu selten verwendet. Praktisch wäre es für Polizeiberichte: „Der Taschendieb muss zugeschlagen haben, als ein Bannerschlepp meine Aufmerksamkeit auf sich zog.“ Oder für Romantisches: „Ich gestand ihr meine Liebe mit einem Bannerschlepp.“ Und natürlich lässt sich auch eine großartige neue zwonullige Veranstaltungsform daraus machen: Der Barschlepp.

Die Welt ist verweichlicht.

Immer wenn jemand Fremdes in meinem Blog einen Kommentar hinterlässt, kaufe ich sofort alles, was er oder sie an Käuflichem zu bieten hat. Aus purer Dankbarkeit. Vor zwei Wochen warf Herr Amazon also folgerichtig Christian Ritters Kurzgeschichtenbändchen „halb|neu“ in meinen Briefkasten. Sehr prima Lesestoff, der Mittdreißigern wie mir vor Augen führt, dass sie eben nicht mehr zur Generation der Jungen gehören. Ich bin noch nicht ganz durch, muss ich gestehen, aber da, wo das Büchlein jetzt liegt, erfährt es jedes mal volle Aufmerksamkeit.

„Alt geworden“ ist aber hier das Thema. Die erste hervorragende Story „Die Pimps von der 1A“ kolportiert einen ersten Schultag Anno 1989, so circa. Da ist von der natürlichen Hackordnung die Rede, von den Viertklässlern, die den Schulhof beherrschen und die i-Männchen kompromisslos wissen lassen, wo’s langgeht. Heute ist das alles anders. Christian schwant schon böses:

Wir aßen nur das innere Weiche von unseren Pausenbroten und schmissen die Rinde weg, weil die angeblich das Gesündeste war. Und wenn mal eine von den „Bitches“ oder, wie wir damals noch sagten, von den „Mädchen, igitt“ sagte, dass die Kinder in Afrika froh wären, über die Rinde, dann taten wir so, als ob wir sie küssen wollten, was sie zuverlässig vertrieb und heutzutage wahrscheinlich in einer (sic!) Klage wegen sexueller Belästigung münden würde.“

Anschließend zählt er viele Vorteile auf, die die kleine unvernetzte und klar geordnete Welt der Grundschüler „damals“ hatte. Das alles fiel mir spontan ein, als mir heute in der Mensa ein Kollege von den Erstklässler-Erfahrungen seines Sohnes erzählt hat. Der hat einen Paten. Einen Viertklässler. Nein, nicht zum Taschengeldabzocken. Sondern ganz offiziell: Der nimmt ihn an die Hand in den ersten Wochen und erklärt ihm die Schule. Und er ist nicht der einzige: Alle Erstklässler werden von den Viertklässlern behutsam in die fremde Welt geleitet.

Sind die Kinder anders geworden? Oder die Welt? Oder unsere Erwartungen daran? Ist das verkuschelnde Verweichlichung, weil die, die sich Erstklässler-Mentoren-Programme ausdenken, wie Christian die heile Welt der 80er-Grundschule zurücksehnen? Oder sind wir gar vernünftiger geworden und können unnötige Risiken und Konflikte vermeiden?

In meiner 70er-Grundschule unterschied man noch hauptsächlich die, die schon Hochdeutsch konnten und die, die nur Platt schnackten. Und als Christian Grundschüler war, musste durfte ich auf der Gorch Fock klettern und segeln. Damals hieß das: „Tradition der christlichen Seefahrt fortführen“ und wir sangen:

Wir lagen vor Madagascar,
und hatten die Pest an Bord,
in den Kesseln, da faulte das Wasser,
und täglich ging einer über Bord.

Heute will man 500 Jahre alte Traditionen fortführen, Columbus‘, Magellans und Cooks Erbe wahren, so original wie möglich. Von Magellans ursprünglicher 234-Mann-Crew kamen 17 an. Nichtmal er selbst. Wenn heute jemand außenbords geht, schreit man: Skandal! Die haben ja nichtmal Schwimmwesten an! (Selbstverständlich ist es eine Tragödie, dass solche ein Unfall passiert. Die Welt wäre ohne Zweifel ein Stück besser, wenn die jung Offiziersanwärterinnoch wie durch ein Wunder gefunden würde. Mein Argument ist nur: Man kann nicht „seemännische Tradition“ und „Sicherheitsstandards 2008“ kompromissfrei in Einklang bringen.) Eine Hauptschlagzeile heute: „Besatzung der Gorch Fock wird psychologisch betreut.“

Ich fürchte: Bei allumfassender Absicherung, Erstklässlermentoren, Überallsicherheitsgurten und Rundumaufprallschutz geht uns verloren, dass auch negative Erfahrungen, Ängste und Risiken zum Leben gehören.

Podcast-University: Wege aus dem Hörsaal

Am frühen Nachmittag verließ mich mein Laptopakku für’s Live-Blogging, so dass die Notizen ab hier kürzer, durch den zeitlichen Abstand aber auch reflektierter ins Blog gelangen.

Karsten Morisse, Medieninformatik-Professor an der FH Osnabrück hat in den vergangenen Jahren vieles in Sachen Vorlesungsaufzeichnung ausprobiert. Jetzt berichtet er über die Gründe seiner Abkehr von klassischen Präsenzvorlesungen unter dem Titel „Wege aus dem Hörsaal – Aufzeichnungen, E-Übungen und E-Tutorien als integrale Veranstaltungselemente in der Hochschullehre“.

Die Diskussion drehte sich darum, ob die Studierenden die Angebote tatsächlich nutzen. Antwort: Ja, wenn Anreize wie Klausurbonus vorhanden, in den Live-Coaching-Sitzungen waren diejenigen anwesend und aktiv, die auch sonst in den Vorlesungen aktiv fragen. Die Frage nach der eigenen Motivation beantwortet Morisse mit persönlichem Interesse, der Fachkultur, die Innovatives begünstigt und die Auffassung, dass Studierende, gerade durch Studienbeiträge auch ein Recht aus verbessserte Services haben.

Es geht um eine Grundlagenvorlesung in Audio- und Videotechnik, die jedes Semester angeboten wird. Statt routinemäßig zweimal im Jahr die gleichen Vorträge zum besten zu geben, hat Morisse aus seinen vielfältigen Aufzeichnungen dne Vorlesungsstoff in kurze Podcastepisoden verpackt. Den gemäß Prüfungsordnung festgelegten Arbeitsaufwand für die Studierenden hat er dabei immer im Auge: Der Podcast-Konsum füllt die vorgesehene Vorbereitungszeit für die Vorlesungen. Die Vorlesungen selbst werden durch Live-Coaching ersetzt: Offene Fragestunde auf Basis der vorab erarbeiteten Inhalte. Begleitend gibt es Online-Übungen, die als Bonus in die Abschlussklausur eingehen können.

Morisses Fazit: Mit dem Leistungsanreiz „Bonuspunkte“ ist die Beteiligung an den Übungen hoch. Das Problem, sich erst zwei Wochen vor der Klausur mit dem Stoff auseinanderzusetzen und dann zu scheitern oder schlecht abzuschneiden, wird etwas gemildert. Aber: Prokrastinatives Verhalten, „Aufschieberitis“ wird auch hier gefördert. Die guten werden besser, die schlechten bleiben schlecht.

Interessant: In einer umfangreichen Untersuchung hat Svenja Wichelhaus Nutzung und Akzeptanz der verschiedenen Hörsaal-Auswege analysiert.

Wozu gibt es eigentlich Freilandeier?

Mit meinem neuartigen Rundfunkgerät kann ich mittlerweile bei immer mehr Fernsehsendern Videoinhalte online abrufen. Inzwischen auch beim selbsternannten Kochsender VOX. Neugierig, wie gut das alles klappt, habe ich eine Folge des berüchtigten und immerhin einigermaßen unterhaltsamen Perfekten Dinners nebenher laufen lassen.

Aufhorchenswert dann folgender lustiger Dialog zum Thema »Augen auf beim Eierkauf« beim Lebensmittelhändler (Folge vom 27.8.2008):

Perfekte Dinnerin: »Ich bräuchte dann noch Eier.«

Lebensmittelhänderlin: »Was möchten Sie denn? Freiland- oder Bodenhaltung?«

Perfekte Dinnerin: »Was ist denn besser?«

Lebensmittelhänderlin: »Die sind beide gut. Was wollen Sie denn damit machen?«

Perfekte Dinnerin: »Ich möchte Nudeln machen.«

Lebensmittelhänderlin: »Dann reicht Bodenhaltung!«

Sieh mal an: Das bodengehaltene Huhn leidet nur, wenn man die Eier irgendwie anders zubereiten will. Aber woher weiß es das?

Es weihnachtet sehr

Eigentlich ist der erste September Stichtag für das Weihnachtssortiment im Supermarkt. Beim Plus um die Ecke habe ich aber heute schon Spekulatius, Lebkuchen und Berge besten Butterstollens gesehen.

Adeste Fideles!

Das Grauen

Fernsehen ist komisch. Ich bin ja zum Glück unbetroffen, aber gerade bin ich über etwas sehr, sehr furchterregendes gestolpert: Das hier. Nein. Kein Witz. Ich wiederhole: Das ist KEIN Witz.