Normalerweise bin ich mit Jamendo und meinem emusic-Abo rundum glücklich und bekomme für gar kein bis sehr wenig Geld ganz legal sehr gute Musik ohne Kopierschutzverkrüppelungen. Ab und an gibt es dann aber doch die eine oder andere CD, die auf diesen Wegen nicht zu kriegen ist, aber unbedingt in meinem Regal, auf meinem MP3-Player und auf meiner Festplatte landen soll.
Heute habe ich mich in fester Kaufabsicht in CD-Abteilungen und Plattenläden auf die Suche nach gleich drei konkreten CDs gemacht. Ich hoffe, zum letzten Mal, denn der Handel mit physikalischen Tonträgern in Einzelhandelsgeschäften hat ausschließlich Nachteile.
Zuallererst sind CD-Abteilungen aus unerfindlichen Gründen unfassbar bescheuert sortiert. Warum stehen die Einstürzenden Neubauten bei »Alternative«, Jens Friebe aber bei »Deutsch-Pop«? Woher wissen die Plattensortierer so unfehlbar, dass etwas genau in die Jazz-, Pop- oder Klassikabteilung gehört? Gehört deutscher Rock zu »Deutsch« oder »Rock« oder ist es »Independent« oder sogar schon »Heavy Metal«? Und warum muss ich sicherheitshalber noch im Neuheitenregal, im Angebotsregal am Eingang, im Angebotsregal hinten rechts, im Angebotsregal in der Mitte und in allen sieben Sonderaktionsständern nachgucken? Verkäufer zu fragen ist eh sinnlos, wenn es nichts aus den aktuellen Charts sein soll.
Die durchschnittliche Suchzeit für eine CD kann so leicht bei einer halben Stunde liegen. Ergebnis meist: Nicht da. »Wir können Ihnen das gerne bestellen.« Danke, kann ich selbst. Denn sonst müsste ich ja nochmal hinlaufen, was eh schon mindestens eine halbe Stunde verschlingt. Also zusammengerechnet: Ich soll eine ganze Stunde meiner Zeit aufbringen, um eine CD kaufen dürfen zu wollen, die es dann gar nicht gibt.
Damit ist dann auch der einzige Vorteil hin, den so ein Laden gegenüber dem Versandhandel haben könnte: Ich könnte das begehrte Stück sofort in der Hand halten und noch unterwegs in den MP3-Player schieben zu Hause gleich rippen und auf den Player überspielen. Bei Amazon und Konsorten warte ich ein bis zwei Tage, spare aber Zeit, kann Preise vergleichen und noch mehr oder minder interessante Rezensionen anderer lesen, statt auf einen Verkäufer zu treffen.
Überhaupt: Die Preise sind unverschämt. Witzigerweise kostet heutzutage eine Soundtrack-CD oft mehr als die dazugehörige Film-DVD mit Dolby-Surround-Mehrfachtonspur. Saturn wollte 17,95€ für die aktuelle Neubauten-CD verlangen, bei jpc waren’s genauso wie bei Amazon 14,95€. Musicload nimmt für die MP3-Version 11,95€. 3€ für die Hülle und für’s Nicht-Selbst-Brennen-, dafür aber Rippen-Müssen? (Immerhin ist die CD nicht kopiergeschützt.) Das kommt mir irgendwie so gerade noch vertretbar vor. Wie Volker Strübing in einem Beitrag über den empfehlenswerten Konrad Endler schreibt, scheint die professionell bedruckte Hülle den Leuten tatsächlich das Geld aus der Tasche zu ziehen, oder umgekehrt: Wo keine tolle Hülle, da kein ordentlicher Wert.
Ich vermisse die Hülle in der Regel nicht. Das besondere haptische Erlebnis fehlt CDs gegenüber den guten alten Vinylplatten ja ohnehin. Und so habe ich mir gerade ganz spontan und ohne Wartezeit, ohne Lauferei und Sucherei das primagute Album »Mädchenmusik« vom Brockdorff Klang Labor heruntergeladen. Bei emusic für ca. 2,99€. Also satte 15€ und eine Stunde eigener Zeit gespart. (Hier muss allerdings erwähnt werden, dass bei emusic ein Abo über mindestens 40 Songs pro Monat abzuschließen ist. Lohnt sich natürlich nicht für jeden.)
Es tut mir ja leid für euch, liebe Beschäftigte im Tonträgereinzelhandel. Aber wenn es nach mir geht, müsst ihr eure Brötchen in Zukunft anders verdienen.