Island-Tagebuch 1: Keflavik – Im Land des Lächelns

24. Juni

Abgesehen davon, dass den Hamburger Flughafen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen etwas unkommod gerät, verläuft die Spätabendreise reibungs- bis ereignislos. Irritierend höchstens noch die mallorcaesken Verschwisterungsszenen der bunten Reisegesellschaft und des Einzelreisenden, die kurz nach Mitternacht einen Geburtstag begießen. Die fröhliche Bagage ist am Ende so begossen, dass beschlossen wird, nach der Landung gleich mit Vodka weiterzumachen. Der Rest der Geschichte entzieht sich glücklicherweise meiner Kenntnis.

Nach erfolgreicher Landung ist es ein leichtes, auf dem doch recht übersichtlichen Keflavíkurflugvöllur (Leifur Eriksson Airport) in Keflavík (nicht so ein Gewusel wie in Münster/Osnabrück) die Dame mit dem „Fly & Drive Mietwagen“-Schild auszumachen. „You’re here for the Mietwagen? Just follow her!“ – „her“ bezeichnete die erste einer augenscheinlich unerschöpflichen Schar junger, blonder und äußerst freundlicher Isländerinnen, die offensichtlich überall dort postiert werden, wo mit touristischem Verkehr zu rechnen ist. Sehr aufmerksam.

So kommen wir an ein Auto mitten auf dem übersichtlichen Flughafenparkplatz. Silbergrau, ein Yaris, wie gebucht. Die nette junge Frau drückt mir einen Schlüssel in die Hand, dazu einen Zettel und ein bezauberndes Lächeln. „So this is your car, just fill in the form and then I need your Gutschein and your Kreditkarte.“ Flugs sind die Formalia erledigt und sie beginnt schon, sich davon zu trollen, als mir auffällt, dass ich keine Ahnung habe, wie das Auto in zwei Wochen zu seinen Besitzern zurückfindet. „Oh, that’s easy“, sagt sie und klingt dabei immer noch exakt wie Björk. Ihr Grinsen wird breiter, vermutlich in Vorfreude auf mein erstauntes Gesicht, dass ich als durchschnittlicher Mitteleuropäer angesichts des nun beschriebenen Verfahrens auch brav mache. „Just park it somewhere here around the airport, put the key in the Handschuhfach and leave the car open. That’s all.”

Einsteigen, losfahren und den nächsten Campingplatz suchen. Immerhin ist es inzwischen schon halb eins nachts. Und wie zu erwarten gar nicht dunkel. Wie alle wichtigen Straßenabzweigungen auf Island ist auch die Einfahrt zum Keflaviker Campingplatz so ausgeschildert, dass das Schild in exakt dem Moment sichtbar wird, wo es zu spät zum Abbiegen ist. Aber hier findet sich ausnahmsweise schnell eine Möglichkeit zum Wenden.

Keflavik, Zeltplatz, nachts um 1
Zeltplatz in Keflavik, nachts um halb 1

Selbstverständlich ist die Rezeption des Campingplatzes um kurz vor eins noch besetzt und das selbstverständlich mit einer äußerst reizenden Isländerin. Für 600 Kronen (ca. 8 Euro) gibt es ein Bapperl: „Put his on your tent and enjoy your stay“, als wäre es ein Glücksbringer, und ein strahlendes Lächeln.

In jedem ordentlichen bairischen Volksschwank gibt es den Moment, wo alles harmonisch bis langweilig erscheint. Und just in diesem Moment tritt der Dorfsepp auf. So ähnlich auch hier. Auf geht die Tür, es erschient ein etwas zotteliger, unverkennbarer Individualtourist. „Wer känn ai stohr se bocks off mai baik?” Meine Isländerin muss gerade einen Stift suchen, darum antwortete ein bislang unerwähnter, weil stiller Gast: „Wait a moment!”. „Se bocks off mai baik? Se bocks off mai baik? Wer känn ai stohr it?“ – Keine Antwort, Zottel trollt sich.

Später im Waschraum darauf angesprochen, dass er so deutsch geklungen habe, erzählt er mir stolz und in vollendetem wienerisch, dass er gerade angekommen und nun einen ganzen Monat mit seinem Radl um Island herumradeln wolle. Das allerdings ist eine coole Aktion, die ich – falls diese zweiwöchige Weichei-Mietwagen-Probemission erfolgreich verläuft – auch in Angriff nehmen werde. Oder lieber gleich mit dem Pferd!

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