Enter Homo Zappiens – Opening and Keynote Speeches

Jede gute wissenschaftliche Konferenz startet bekanntlich damit, dass die Hymne des Gastgeberlandes gespielt wird und alle ehrfurchtsvoll aufstehen, um, wenn nicht mitzusingen, so doch andächtig zuzuhören. Leider gab heute morgen während der lettischen Hymne das Präsentationsnotebook seinen Geist auf und musste ersetzt werden. So konnte die Hymne erst nach den ersten Grußworten vollständig abgespielt werden. Die europäische gab’s noch hinterher. Herbert Eile, ecoMedia-Netzwerkkoordinator, bemühte dann in seiner kurzen Ansprache in österreichischer Sprache (simultan übersetzt ins Lettische und Englische) auch gleich das Kosmopolitische. Er begrüßte „bildungspolitische Entscheidungsträger aus 24 Nationen“ und forderte die Teilnehmer auf, die Ergebnisse der Konferenz „als Botschaft hinauszutragen in den Kontinent Europa“. Bestens eingestimmt auf Großes also, konnten die gut 100 Teilnehmer dann drei Keynotes lauschen.

ecoMedia, 3rd thematic conference

Andris Ambainis, sympathischer Quantencomputer-Experte und „despite his youth“ offensichtlich lettischer Starwissenschaftler machte den Auftakt mit Überlegungen zu „New Technologies and the Future of Computing“. Wer regelmäßig die c’t-Artikel zu Fortschritten bei Quantencomputern liest, konnte kaum Neues erfahren und auch als allgemeine Einführung in das Thema fehlte ein wenig Struktur. Er konnte aber gut vermitteln: In 20 Jahren könnten Computer ganz anders aussehen als heute und ganz andere Dinge mit Leichtigkeit erledigen – und damit ist nicht bloß neue Apple-Oberflächen (physisch wie virtuell) gemeint. Auf die Frage, WAS denn der einfache Mann von der Straße davon haben würde, wusste er vor allem diplomatisch zu antworten: „Bislang haben sich immer Ingenieure gefunden, die mit mehr Rechenleistung etwas anzufangen wussten.“ Ansonsten hat er mich von Stimme, Akzent und Tonfall her sehr an Peter Sellers als Dr. Strangelove erinnert, vor allem als er als Beispiel die heute übliche verschlüsselte Überrtagung von Kreditkartennummern, z.B. zu Amazon, anführte und grinste: „So if we had a quantum computer, we could break all codes.“

Etwas näher ans Zentrum der Konferenzthemen führte Thomas Maier, Teacher Portal Manager des European Schoolnet. Er berichtete von einer großen Metastudie zum Thema „The ICT Impact Report – A Review of Studies on ICT Impact on Schools in Europe“. Also: Was bringt das ganze Computerzeug in den Schulen eigentlich? Zunächst attestierte er sowohl quantitativen (Wie soll man genau messen, welchen Einfluss ICT neben anderen Einflussgrößen hatte?) als auch qualitativen (Da wird gefragt, wie Lehrer, Eltern und Schüler den Einfluss von ICT in der Schule einschätzen. Stimmt das mit der Realität überein?) Vorgehensweisen methodische Schwächen, konnte aber keine abschließende Lösung präsentieren. Ihr Review berücksichtigt beide Welten. Die Ergebnisse sind insgesamt interpretationsbedürftig. Klar: Es werden Effekte beobachtet, auch positive. Sehr stark z.B. in Grundschulen, vor allem im Muttersprachenunterricht. Whiteboards machen in Englisch, Mathe und Naturwissenschaften besser, aber nur im ersten Jahr. Alle sehen einen positiven Einfluss von ICT. Ich finde: Da muss man nochmal einen genauen Blick in das Review werfen. Maier berichtete weiter, dass 90% aller europäischen Lehrer ICT zur Unterrichtsvorbereitung nutzen, sich deren ICT-skills drastisch verbessert hätten, aber neue pädagogische Konzepte kaum Anwendung finden. Dabei träfen sie auf eine Generation von Schülern, die Blogs, Podcasts und AV-Videokonferenzen ganz selbstverständlich nutzen – im Gegensatz zu Lernplattformen, die kein Schüler verwendet. Höchstens als Dateiarchiv. Nutzergenerierter Content sei die Zukunft, schließt Maier und fordert weitere große Studien und die Aufnahme neuer Kompetenzen in Curricula und Tests.

Die neue Generation von Schülern stand auch im Mittelpunkt von Mikael Anderssons (Swedish Agency for Fleixble Learning) Vortrag mit dem Titel „Enter Homo Zappiens – a new era for ICT and learning“. Er sieht zwischen heutiger Eltern-/Lehrer- und Schülergeneration einen tieferen Graben als zwischen früheren aufeinanderfolgenden Generationen. Schüler seien „digital natives“, Lehrer „digital immigrants“, die den selbstverständlichen Umgang mit neuen Technologien im Gegensatz zu ihren Kindern als etwas Fremdes erleben. Der „Homo Zappiens“ ist gleichzeitig extremer Individualist (What’s in it for me?) und Kollektivist, der Dinge mit anderen teilen will (the MeWe-Game). Außerdem ist er Dividualist, der mühelos zwischen selbstgewählten Identitäten hin- und herswitcht (Pick a ‚me‘). Seine Generation sei völlig von Pippi Langstrumpf korrumpiert. Hätten seine Eltern die nonkonformistische Pippi noch für einen vermittelnswerten Gegenentwurf gehalten, ginge die heutige Elterngeneration bei der Erziehung davon aus, dass die Pippi-Sicht die Norm sei. Zudem hätte sich die berühmte Maslowsche Bedürfnispyramide verschoben. Die unteren Stufen – körperliche Bedürfnisse und das Bedürfnis nach Sicherheit – seien der heutigen Schülergeneration als vollkommen selbstverständlich erfüllt gar nicht mehr im Bewusstsein. Das rückt andere Bedürfnisse wie die nach sozialer Anerkennung und Selbstverwirklichung viel stärker in den Mittelpunkt. Das sei nicht per se „schlimm“, sondern logische Folge unserer Erziehung. Da Schritt zu halten wird schwierig, weil die ICT-Kompetenz mittlerweile auf der „falschen“ Seite liegt. Nicht auf der des Lehrers, sondern der des Lerners. Aufgabe des Lehrers aber sei Bildung zu vermitteln (in Abgrenzung zu Ausbildung – diesen sprachlichen Unterschied gibt es auch im Schwedischen), denn Information ist ungleich Wissen, sondern Wissen ist Information, multipliziert mit Verarbeitungsfähigkeit. Die habe Schule als Rahmen herzustellen.

Danach war die Pause wohlverdient.

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treeLearning – Plattformen für Baumschulen im Vergleich

Die treedaktische Wende

E-Learning weitet sich aus. War es früher ein Thema, das vor allem in der Hochschullehre und der unternehmensinternen Weiterbildung Wurzeln schlagen konnte, werden mittlerweile mehr und mehr Zweige des Bildungswesen erfasst. Eine von der Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannte Nische hat sich bei den Baumschulen gebildet. Aber die Zeit des Nischendaseins ist vorbei. Fast alle großen Lernplattform-Hersteller haben mittlerweile spezielle Produkte für den Baumschulsektor im Angebot. Wir haben uns die wichtigsten angeschaut und stellen sie kurz vor. Um die Orientierung für den Leser einfacher zu machen, haben wir jede Plattform einem bekannten Vertreter aus der Forstbranche (oder angrenzenden Gebieten) zugeordnet.

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Photo: YariK

Blackforest

Prof. Dr. Brinkmann: Wachsen jederzeit und überall. Die weltmeisten weltprofessionellsten und welterstklassigsten Werkzeuge für Baumschulen.

Blackforest sorgte vor einiger Zeit für großen Wirbel in der treeLearning-Szene, als es WebSeeTree, den vielleicht wichtigsten Konkurrenten im weltweiten Wettbewerb kommerzieller Plattformen übernommen hat. Neben dem Anspruch, immer alles am weltbesten zu können, glänzen die drei Blackforest-Plattformen vor allem mit einem ausgefeilten und lückenlosen Baumüberwachungssystem. Für jeden Baum lassen sich zu jedem Zeitpunkt detaillierte Wachstumsanalysen bis hin zum einzelnen Blatt- oder Nadelabwurf abrufen. Nach Herstellerangaben steigt dadurch die Effizienz der Baumschule. Dadurch sind die nicht pauschal und nicht langfristig vorab kalkulierbaren Kosten für die Plattform mehr als gerechtfertigt. Zumal der Hersteller den jeweiligen Baumbestand und die Bestandsentwicklung wohlwollend in die Kalkulation miteinbezieht. Leider ist es uns nicht gelungen, die genauen Unterschiede zwischen den drei Hauptplattformen des Herstellers ausfindig zu machen. Ein freundlicher Forstmanagementberater von Blackforest wählt aber mit Ihnen gemeinsam gern die für Ihren Betrieb teuerste am besten geeignete Lösung aus.

Trix Silva

Förster Martin Rombach: Made for trees. Die Lösung für Gehölze mit Profil.

Trix Silva von der JND AG versteht sich nicht als bloßes Wachstumsmanagementwerkzeug, sondern als integrierte Wachstumsprozessmanagementsolution. Als wichtigster kommerzieller Anbieter aus deutschen Walden legt der Hersteller besonderen Wert auf die Anbindung an hiesige kommerziell operierende Forstverwaltungen. Trix sieht sich damit in der treeLearning-Oberliga angekommen – was sich aber eventuell als Marketing-Patzer herausstellen könnte. Der bodenständige emsländische Fortwirt jedenfalls assoziiert mit Oberliga sicherlich aktuell nur den schmerzlichen Abstieg des SV Meppen in die neu formierte 5. Liga. Ansonsten zeigte sich Trix Silva als solide Plattform mit vielen aktiv beworbenen Zusatzästen: Advanced Growing Analysis, Advanced Needle Testing, Advanced Syrup Production and Syrup Harvesting Event Management. Letzteres erweitert den traditionellen Geschäftsbereich von Baumschulen, wenn uns auch durchschlagende Erfolge in Deutschland noch nicht bekannt geworden sind.

Wood.IP

Oberforstassessor Baumbart: Der Baum im Mittelpunkt.

Die Open-Roots-Plattform fällt zunächst durch allgegenwärtiges baumiges Grün und dann durch Verwaltungsfunktionen auf, die besonders auf die deutsche Forstwirtschaft zugeschnitten sind. Dem subpolaren Westwindgürtel angepasste vorkonfigurierte Wachstumsperioden, Waldtypen wie »Stadtforst«, »Staatsforst« oder gar »Schmuckreisigkultur« lassen fast alle üblichen Gehölzbestandstypen umgehend in Wood.IP Wurzeln schlagen. Wälder und Bäume bilden die grundlegenden Einheiten für ein allen forstgesetzlichen Erfordernissen genügendes Waldnachwuchsmanagement. Gleichermaßen betonen die Entwickler aber Freiheit und Kommunikation. So bekommt jeder Nutzer den Status »Förster« und darf in jeden Baum sein Herzchen schnitzen oder mit anderen Förstern mittels fröhlicher Jahresring-Raterunden in Kontakt treten. Selbst Bäume zu pflanzen, ist allerdings den »Oberförstern« oder »Waldmeistern« vorbehalten. Hier zeigen sich die humorvollen Seiten des Systems: Die höchsten Rechtestufen heißen »Waldelfe« und »Ent«. Da darf der Baumschulchef sich auch mal wie Baumbart fühlen.

TreeLIAS

Johann Conrad Schlaun: Dem Baum zu Nutze, dem Förster zur Ehr‘.

Treelias glänzt vor allem durch umfangreiche Försterfunktionen. Wälder bis hin zum letzten Zweiglein auszugestalten und gut ausgebaute gerade Wege für die Besucher zu schaffen, ist Hauptstärke des Systems, das obendrein noch eine breite Palette an Trimm-Dich-Stationen für den eigenen Wald anbietet. In unseren Tests erwiesen sich die Bauwerkzeuge mitunter als etwas sperrig, so dass viele Stamm-, Ast-, Rinden- und Blattbausteine umständlich zusammengefügt werden mussten, damit ein Baum entsteht. Die treeLIAS-Macher bieten im Gegenzug eine OpenForestersLodge-Unterstützung: Mit dieser bei Forstwirten beliebten Business-Suite lassen sich ganze Wälder offline entwerfen und importieren. Und damit nicht jeder Wald von Grund auf neu gestaltet werden muss und dabei statische Überlegungen zu kurz kommen, setzt Treelias voll auf STORM-Resistenz. Als erste Open-Roots-Plattform hat es die harten STORM2004-Anforderungen gemeistert und kann dem Förster damit dauerhaft aufgeräumtes Gehölz garantieren. treeLIAS versteht sich trotz einiger Funktionsüberschneidungen gut mit Wood.IP. Im Gegensatz zu letzterem ist es aber bereits weltweit etabliert, kann also auch gut mit Tropenholzbeständen umgehen.

Troodle

Dr. Oetker’s Götterspeise Waldmeister-Geschmack: Jeder Baum ist anders. Jeder Baumschullehrer sowieso.

Waldpädagogische Prinzipien schreibt sich das im deutschen Sprachraum etwas putzig daherlautende Troodle ganz groß auf die Fahnen. Es gilt, den jungen Bäumen individuelle Wachstumswege zu eröffnen und Förster wie Besucher daran teilhaben zu lassen. Insbesondere die junge Generation von Baumschullehrern möchte holzkonstruktive Prozesse zur freien Entfaltung kommen lassen und wenig durch äußere Vorgaben wie Jahreszeiten oder Wetter einschränken. Um diese auszuschließen, bedarf es einer Menge Gerüste, Planen und Rinnen. Troodle bietet von allem viel, weit über die Grundausstattung hinaus erweiterbar mit einer schier unüberschaubaren Vielfalt an PfropfIns. In unseres Tests fand sich für jedes Feature der anderen Plattformen ein Troodle-PfropfIn, das mehr oder weniger das gleiche leisten wollte. Für den Jungförster bleibt die Frage, ob alle Pfropfe anwachsen und ob die eigene Disziplin ausreicht, gerade Gewächse heranzuzüchten. Für den Individualisten allerdings, der tief in das Wachstumsprozessmanagement einzutauchen bereit und in der Lage ist, bietet Troodle viel. Stellt sich nur die Frage, ob das eigene Verständnis nicht ausgereicht hätte, selbstgeschnitzte Gerüste aufzustellen.

Fazit

An mangelnden technischen Angeboten kann es nicht liegen, wenn Ihr nächster Weihnachtsbaum ohne treelearning-gestützte Bildungsprozesse durchlaufen zu haben in Ihrem Wohnzimmer herumschlufft. Alle Plattformen bieten moderne und baumgerechte Wachstumsmanagementfunktionen, die je nach Baumschulkontext mehr oder weniger sinnvoll eingesetzt werden können. Achten Sie bei der Wahl Ihrer Baumschule auf sinnvolles eWachstum und weisen Sie den Skeptiker ruhig auf Open-Roots-Lösungen hin: Der treeLearning-Einstieg muss nicht teuer sein. Zu wenig treeLearning vergibt Ihnen und Ihren Bäumen Chancen zur Teilhabe an weltweiten Prozessen, Zeremonien und Bewegungen. Zu viel lässt ihren Weihnachtsbaum am Fernseher kleben wie eine Efeu-Ranke an Backsteinwänden.

Augen auf beim Baumkauf!