Wenn culture=DE, dann Fahrrad=kompliziert

Bei mehrsprachigen Webseiten ist es nicht unüblich, die vom Nutzer gewählte Sprache in der URL mitzuschleppen, damit das brave seitenausliefernde Content-Management-System auch weiß, in welcher Sprache es die leckeren Inhalte servieren soll. Erkennbar ist sowas dann z.B. an einem »?language=DE« oder ähnlichem in der Adressleiste. Da achtet man normalerweise gar nicht drauf, Hauptsache auf der Seite steht das Gewünschte.

Auf die genaue URL habe ich natürlich auch nicht geguckt, als ich kürzlich herausfinden wollte, ob und zu welchen Bedingungen Ryanair denn gegebenenfalls mein Fahrrad transportieren würde. Aber nach kopfschüttelndem Konsum des letztendlich gefundenen Textes sprang mir diese Adresszeile der FAQs ins Auge: http://www.ryanair.com/site/DE/faqs.php?culture=DE.

Deutsch ist also weniger eine Sprache als vielmehr eine Kultur, insbesondere wenn es ums Fahrrädermitnehmen geht. Aber lesen Sie selbst:

Sportausrüstungsgegenstände, einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf große Angeln, Golfschläger, Fahrräder, Roller, Fechtausrüstungen, Surfbretter, Bodyboards, Snowboards und Skier, sowie große Musikinstrumente, einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf Harfen, Kontrabässe und Schlagzeuge sind für den Transport durch Fluggesellschaften wie Ryanair ungeeignet, für die nur kurze Einstiegszeiten gelten.

Aha. Etwas umständlich formuliert, aber soll wohl sagen: Nö. Keine Fahrräder. Auch keine Harfen oder Fechtausrüstungen. Schade. Aber der Text ging noch weiter:

Bei Buchung zur Zeit der Reservierung unter www.ryanair.com können solche Gegenstände jedoch gegen eine zusätzliche ermäßigte Gebühr pro Gepäckstück und pro Einzelflug zusätzlich zum persönlichen Freigepäck im Laderaum des Flugzeugs mitgeführt werden.

Also doch? Sind sie nun ungeeignet oder nicht? Und was heißt ermäßigte Gebühr? Ermäßigt gegenüber was? Lesen wir weiter:

Wenn der Gegenstand nicht bis zur Ankunft am Flughafen oder in einer Ryanair-Buchungszentrale gebucht wurde, wird der volle Tarif berechnet.

Welcher volle Tarif? Wie bekomme ich meine Harfe denn in eine Buchungszentrale? Die vollständige Auflösung verspricht dann folgender Link:

(Klicken Sie hier, um Einzelheiten zu erhalten.)

Nun bliebe nur noch zu fragen, ob Ryanair die gewünschte Information (Ja, Fahrradmitnahme begrenzt möglich, kostet bei Vorabbuchung 30€ pro Flug, bei Buchung vor Ort 40€ pro Flug) für andere deutschsprachige Kulturen kundenfreundlicher aufbereitet. Aber alle Versuche, sei es mit culture=AT, culture=CH, culture=nds oder culture=ksh schlugen fehl. Ein wenig Hoffnung hatte ich noch auf culture=bar gesetzt, dieses Naturvolk ist ja schließlich für klare Ansagen bekannt, aber ebenfalls: Fleitepiepen.

P.S.: Natürlich ist der Paramater »culture« von Ryanair nicht einfach nur skurril. Wer genau hinschaut, findet in der URL http://www.ryanair.com/site/DE/faqs.php?culture=DE die Sprache ja auch doppelt kodiert: ..site/DE/.. und culture=DE. Das entspricht z.B. den üblichen zweiteiligen Angaben für POSIX-Locales. Denn bei »gleicher« Sprache können, abhängig vom Land, oder wenn man so will, der Kultur, unterschiedliche Konventionen, Regelungen oder ganz offensichtlich: Gesetze gelten. Deutsch in Deutschland ist nicht gleich (spannender Artikel der NZZ!) deutsch in der Schweiz, ebenso wenig englisch in Großbritannien und den USA. Gerade international operierende Firmen teilen die Welt unabhängig von Sprachen in Regionen mit unterschiedlichen Angeboten, unterschiedlicher Preisgestaltung und unterschiedlichen Services. Ryanair bietet FAQs für die meisten Länder nur in englischer Sprache an. Trotzdem können in Portugal dann andere Regelungen gelten als in Norwegen. Zum Beispiel für die Fahrradmitnahme, vielleicht.

Hurra, es ist ein Portoprodukt!

Soeben habe ich ein Portoprodukt erstanden. DHL hat sich extra in einer E-Mail mit dem unsäglichen Betreff »Erwerbsbestätigung fuer DHL Portoprodukte, 22.04.2008« dafür bedankt. Ich finde, das klingt ein bisschen nach Ferengi. Gemeint ist natürlich eine Briefmarke zum Selbstausdrucken.

Irgendwie denke ich bei »Produkt« wohl immer noch zu sehr an Handgreifliches und das Portoprodukt habe, wenn, dann ja wohl ich bzw. mein Drucker hergestellt. Aber Banken versuchen uns ja schon länger davon zu überzeugen, dass sie mit Finanzprodukten handeln, Anlageberatungsprodukte herstellen oder für ganz besonders ausgewählte Kunden sogar Premiumwertpapierprodukte bereithalten. Finanzprodukte kennt Google jedenfalls schon lange und recht gut. Portoprodukte hingegen sind außerordentlich lichtscheu, offensichtlich: Von drei Treffern gerade war einer pleite und zwei schwedisch.

Es ist also vermutlich damit zu rechnen, dass uns auch anderswo überraschende Produkte begegnen. Ich warte dann mal ab, bis die Stadt Osnabrück mir schriftlich für den Erweb eines Bußgeldproduktes dankt. Oder der Bischof für ein Bußprodukt.